Tür 15 – Der Weihnachtsmannkiller von Klaus Peter Wolf

Der Weihnachtsmann-Killer steht hinter Tür Nummer 15.

15. Dezember – Literarischer Weihnachtskalender 2024

Hinter Tür Nummer 15 verbirgt sich ein für die Weihnachtszeit eher untypischer, doch sehr passender Roman. Es handelt sich um den Ostfriesen-Krimi Der Weihnachtsmannkiller von Klaus-Peter Wolf. Wer Weihnachten einmal anders erleben möchte, die Spannung der Jagd und schwarzen Humor mag, der wird auch dieses Werk mögen.

Einblick in die Handlung von Der Weihnachtsmannkiller

Klaus-Peter Wolfs Kriminalroman Der Weihnachtsmannkiller wartet in der sonst besinnlichen Adventszeit mit abgrundtiefen Rachegelüsten, psychologischer Raffinesse und schwarzem Humor auf. Irgendjemand ermordet in der besinnlichen Vorweihnachtszeit verkleidete Weihnachtsmänner, die in Geschäften, Kindergärten oder auf sonstigen Events für Laune und Geschenke sorgen. Kommissarin Ann Kathrin Klaasen ist bereits bekannt aus Wolfs anderen Ostfriesenkrimis. Sie wird zu dem bizarren Fall hinzugezogen und soll ihn lösen. Parallel zu den Ermittlungen wird neben der Ermittler-Perspektive auch die des Täters mit seiner gestörten Haltung zum Weihnachtsfest beleuchtet. Wird der Täter gestoppt werden, bevor er erneut zuschlagen kann?

Der Weihnachtsmannkiller ist richtig für dich, wenn du …

👉 einen spannenden Krimi mit schwarzem Humor und weihnachtlichem Ambiente im ostfriesischen Flair magst.
👉 Spaß an gruseligen, doch kuscheligen Lesestunden hast.
👉 dir die Adventszeit mit einem thematisch passenden Lesestoff abrunden willst.
👉 die literarische Abwechslung vom üblichen Lesetrott verschaffen willst.
👉 du Weihnachten im Grunde nicht magst und deinen unbewussten Hass über die literarische Inszenierung kanalisieren kannst.

Zum Autor Klaus-Peter Wolf

Der 1954 geborene Klaus-Peter Wolf erlangte als Schriftsteller vor allem durch seine Kriminalromane Bekanntheit. Seine literarische Karriere begann er mit politisch und sozialkritisch geprägten Romanen sowie Drehbüchern, die sich durch ihre gesellschaftliche Relevanz auszeichnen. Wolf hat als vielseitiger Autor sowohl Erwachsenenliteratur als auch Kinder- und Jugendbücher verfasst. Besonders populär wurden seine Ostfriesenkrimis. Er ist auch als Drehbuchautor tätig und hat unter anderem für beliebte deutsche Fernsehserien wie Tatort geschrieben.

Warum ist das Buch so gut?

Der Weihnachtsmannkiller kombiniert die Spannung eines klassischen Thrillers mit gesellschaftskritischen Untertönen und psychologischer Tiefe. Klaus-Peter Wolf schafft es, die weihnachtliche Kulisse mit einer unheilvollen Atmosphäre zu durchdringen, was den Roman besonders fesselnd macht. Die Figuren, insbesondere die Gegensätze zwischen der Ermittlerin und dem Täter, verleihen der Geschichte emotionale Tiefe und machen sie mehr als nur einen gewöhnlichen Krimi. Wolf zeichnet sich durch eine prägnante, pointierte Sprache aus, die es dem Leser erlaubt, tief in die Handlung einzutauchen. Gleichzeitig überrascht der Roman mit Wendungen und einem Finale, das sowohl schockiert als auch nachdenklich macht.

Zum Einlesen – ein Auszug aus Der Weihnachtsmannkiller

Auf seiner Liste standen drei Weihnachtsmänner mit höchster Dringlichkeit. Der eine, Josef Binder, war aus Wilhelmshaven. Er trat seit Jahren in Kindergärten auf, in Kaufhäusern und ließ sich von Familien buchen. Er arbeitete im Advent, in seiner Hauptsaison, härter als jede Kölner Karnevalsband an den tollen Tagen. Sein Auftrittsradius umfasste den gesamten Jadebusen bis Jever, Schortens und Butjadingen. Wo es ein paar Euro zu verdienen gab, indem man kleine Kinder erschreckte oder ungesunden Mist an sie verkaufte, war er dabei. Allein für sein heiseres Säuferlachen hatte er den Tod verdient. Guntram Bentele, die Nummer zwei auf der Liste, war aus Baden-Württemberg vor gut zehn Jahren zugereist. Er hatte das Haus seiner Oma in Bensersiel geerbt. Seitdem ließ er sich überall in Ostfriesland als Weihnachtsmann mieten. Er trat auch als Witze-Erzähler bei Betriebsfesten auf. Er riss Zoten auf Kosten Schwuler und Behinderter. Er trat gerne nach unten und buckelte nach oben. Das Schlimmste aber war, er motivierte Kinder und Eltern auf Weihnachtsmärkten zu schrecklichem Gesang. Er spielte Akkordeon und ließ sich manchmal von einem Engelschor begleiten. Kleine Mädchen in weißen Strumpfhosen mit flatternden Gewändern und aufgeklebten Flügeln aus Hühnerfedern. Als er ihn zum ersten Mal erlebte, heißt: ertragen musste, war das bei dem schrecklichen Weihnachtsspektakel rund um das Wasserschloss Dornum. Sofort stand für ihn fest, dieser Typ musste sterben. Am besten langsam und qualvoll. Der war nämlich ein Überzeugungstäter. Der bildete schon die nächste Generation Weihnachtsmänner aus. Bei Bentele war es nicht einmal nötig, sein Privatleben vorher auszuspionieren. Ganz anders bei Hark Strauss aus Norden. Er wirkte spießig. Gesetzestreu. Ja, langweilig. Selbst seine Auftritte waren harmlos. Ein bisschen im privaten Rahmen. Einmal hatte er in der Ubbo-Emmius-Klinik Stutenkerle verteilt. Diese Hefeteigmännchen wurden in Ostfriesland Klaaskerl genannt. Die Augen waren aus Rosinen, und auf der Brust klebte eine weiße Tonpfeife. Er hatte ein einziges Mal versucht, so einen Klaaskerl zu essen. Das Zeug wurde in seinem Mund immer mehr. Es war ihm unmöglich, den Brei runterzuschlucken. Der Mist schmeckte nach gesüßtem Kuhfladen mit gemahlener Vanille. Dieser Hark Strauss musste sterben, weil er ein Hurenbock im Weihnachtsmannkostüm war. Er suchte regelmäßig zweimal im Monat, immer wenn seine Frau mit ihren Freundinnen ihren Wellnesstag hatte, ein Bordell auf. Er ging nicht zu den Hausfrauen, die etwas nebenbei verdienen wollten, oh nein. Er suchte das schmutzigere Geschäft. Die Zwangsprostituierten und die Cracknutten. Darauf stand bei Weihnachtsmännern ganz klar die Todesstrafe. Den netten alten Herrn mit dem weißen Bart spielen, Geschenke verteilen und Kinder auffordern, das ganze Jahr über brav zu sein, aber dann rumänische und ukrainische Zwangsprostituierte benutzen wie eine Toilette – nein, da gab es kein Pardon, keine andere Strafe: Auf so einen wartete die Tiefkühltruhe. Vielleicht würde es ihm auch mal wieder gelingen, einen zu Fischfutter zu machen. Ihm gefiel der Gedanke, dass die Touristen sich Fisch- und Krabbenbrötchen reinzogen, ohne zu ahnen, dass sie im Grunde einen verlogenen Weihnachtsmann zweitverwerteten. Aber es gab auch eine Frau auf seiner Liste. Eine, deren Namen er fett unterstrichen hatte: Ann Kathrin Klaasen.
Aus: Wolf, Klaus-Peter. Der Weihnachtsmankiller. Ein Winter-Krimi aus Ostfriesland: Kriminalroman | Weihnachten einmal ganz anders mit Bestsellerautor Klaus-Peter Wolf und Kommissarin Ann-Kathrin Klaasen (S. 16-17). FISCHER E-Books. Kindle-Version.

Welche Themen werden in der Geschichte vom Weihnachtsmannkiller angesprochen?

Natürlich handelt es sich um eine unterhaltsame Geschichte, in der Weihnachtsmänner abgemurkst werden und irgendwie das Thema besinnliche Weihnacht ad absurdum geführt wird. Der Weihnachtsmann ist eben für viele ein Sinnbild von Freude, Friede, Liebe und Gemeinschaft. Doch – und das kann interessant sein – ist Weihnachten für viele Menschen eben auch mit traumatischen Erinnerungen behaftet. Und dies ist auch beim Weihnachtsmann-Killer der Fall. Es kann also spannend sein hinter vordergründig unterhaltsame Geschichte zu blicken, und sich dahinterstehende Mechanismen anzusehen.  Auch Klaus-Peter Wolfs Der Weihnachtsmann-Killer sind diese Themen vorhanden.

Trauma und Rache

Der Täter mordet, weil er die Opfer mit seiner unglücklichen Kindheit und familiären Konflikten verbindet. Indem er Weihnachtsmänner gezielt aus dem Weg räumt, geht er einer aktiven Aufarbeitung aus dem Weg. Mit diesem Themenkomplex werden also psychologische Fragen nach der Prägung durch die Vergangenheit und der Unausweichlichkeit bestimmter Lebenswege aufgeworfen. Das lässt sich übrigens durchaus literaturwissenschaftlich analysieren.

Weihnachten als Kontrast

Der Weihnachtsmann ist mit einer ausdrucksvollen Symbolik verbunden – wie schon weiter oben erwähnt. Den Mörder also gezielt gegen dieses positiv wahrgenommene Konzept zu richten, wirft natürlich Fragen nach einer möglichen Scheinheiligkeit solcher kollektiven Symboliken auf. Das stimmungsvolle und besinnliche Bild eines Festes der Freude und Familie wird ins Gegenteil verkehrt, was den Spannungsbogen des Romans verstärkt.

Gesellschaftliche Isolation

Sowohl die Opfer als auch der Täter stehen stellvertretend für Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen. Dies thematisiert die oft verborgene Einsamkeit, die gerade in der Weihnachtszeit besonders spürbar wird. Die Weihnachtszeit gilt als Zeit der Gemeinschaft, der Familie und Zusammenkunft. Gerade deshalb sind isolierte Menschen in dieser Zeit ganz besonders empfindsam und benötigen Halt, den Schutz der Gemeinschaft. Wie also damit umgehen? – Könnte der Roman auf einer tiefergehenden Ebene fragen.

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