Zitiert: Laurent Binet – Die siebte Sprachfunktion

Die siebte Sprachfunktion, ein Roman von Laurent Binet, setzt sich mit Sprache und Intertextualität auseinander und stellt unter Beweis, dass Literatur- und Sprachwissenschaftler eindeutig die besseren Detektive sind. In der folgenden Szene spricht der berühmte Roland Barthes im Delirium aus dem Krankenbett heraus von seinem unvollendeten Buch.

Jeder Text ist in seiner Masse dem Sternenhimmel vergleichbar, flach und tief zugleich, glatt, ohne Randkonturen, ohne Merkpunkte. So wie der Seher mit der Spitze seines Stabs darin ein fiktives Rechteck herausnimmt (abteilt), um darin nach bestimmten Prinzipien den Flug der Vögel zu erkunden, zeichnet der Kommentator dem Text entlang Lektürebereiche auf, um darin die Wanderwege der Bedeutungen, die sanfte Berührung der Codes, das Vorbeigehen der Zitate zu beachten.“ –

Bayard blickt wütend zu Herzog, dessen ratloser Gesichtsausdruck ihm unmissverständlich bedeutet, dass er nicht in der Lage ist, ihm dieses Kauderwelsch zu übersetzen. Barthes ist nun am Rand der Hysterie und schreit, als ob es um sein Leben ginge:

Alles ist Text! Verstehen Sie! Den Text wiederfinden! Die Funktion! Ach, das ist zu dumm!“ Dann fällt er zurück in sein Kissen und murmelt, fast psalmodierend: „Die Lexie ist nur die Kammlinie des pluralen Textes, der wie die Sandbank möglicher (aber geregelter, durch systematische Lektüre bezeugter) Bedeutungen unter dem Fluss des Diskurses liegt: die Lexie und ihre Einheiten werden somit so etwas wie einen facettenartigen Kubus bilden, der vom Wort, von Wortgruppen vom Satz oder vom Absatz, anders gesagt, von der Sprache, die sein ‹natürliches› Bindemittel ist, überlagert wird.“

Laurent Binet: Die siebte Sprachfunktion. Aus dem Französischen von Kristian Wachinger. 2. Auflage, Hamburg 2017, S. 77-78.

Eine kleine Zusammenfassung:

Die siebte Sprachfunktion von Laurent Binet ist ein faszinierender Roman, der das Genre des Kriminalromans mit intellektuellen und philosophischen Elementen verknüpft. Die Geschichte beginnt mit dem mysteriösen Tod des französischen Philosophen Roland Barthes, der 1980 tatsächlich durch einen Unfall verstarb. Dieser reale Vorfall bildet den Ausgangspunkt für die Erzählung.

Im Zentrum des Romans steht die Untersuchung des Todes von Barthes. Kommissar Bayard und der junge Philosophiedozent Simon Herzog werden beauftragt, den Fall aufzuklären. Sie stoßen auf ein geheimnisvolles Dokument, das eine bislang unbekannte siebte Sprachfunktion enthält. Diese Funktion verleiht ihrem Beherrscher die Fähigkeit, die Gedanken und Handlungen anderer Menschen zu kontrollieren. Dieses Dokument wird zum Dreh- und Angelpunkt der Handlung und führt die Charaktere auf die Spur einer gefährlichen Verschwörung.

Intelligenter Einsatz von Intertextualität

Die Intertextualität in Die siebte Sprachfunktion ist ein beeindruckendes Merkmal des Romans. Laurent Binet webt zahlreiche philosophische Theorien und literarische Werke geschickt in die Handlung ein. Dabei parodiert er nicht nur die Denkstile und Persönlichkeiten der Philosophen, sondern bringt auch humorvolle Elemente in die Erzählung ein. Die verschiedenen Zitate und Referenzen sind nicht nur schmückendes Beiwerk, sondern dienen dazu, die philosophischen Ideen in die Handlung zu integrieren und den Leser zum Nachdenken anzuregen.

Der Roman zeichnet sich durch seine unterhaltsame und zugleich anspruchsvolle Herangehensweise aus. Binet verknüpft geschickt reale historische Ereignisse und Figuren mit fiktionalen Elementen und schafft so eine einzigartige Erzählung. Er bringt die Leser dazu, die Beziehung zwischen Sprache, Macht und Wissen zu hinterfragen.

Besonders bemerkenswert ist, wie Binet die Ideen der verschiedenen Denker in die Handlung einbettet und dadurch eine literarische Collage entstehen lässt. Der Roman ist nicht nur eine spannende Detektivgeschichte, sondern auch eine intellektuelle Reise durch die Welt der Philosophie und Literatur.

Die siebte Sprachfunktion ist ein intelligentes und humorvolles Werk, das die Verbindung von realen historischen Ereignissen mit fiktionalen Elementen auf meisterhafte Weise herstellt. Es ist ein literarischer Genuss für Leser, die sich sowohl von anspruchsvoller Intertextualität als auch von einer packenden Handlung faszinieren lassen.

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