Three Thousand Years of Longing – der Sinn des Erzählens

Three Thousand Years of Longing - Liebe zum Erzählen

Three Thousand Years of Longing (2022), ein Film von George Miller über die Liebe zum Erzählen und über die Wissenschaft der Narratologie mit Tilda Swinton in der Hauptrolle der Dr. Alithea Binnie, beginnt mit folgendem Satz:

„Mein Name ist Alithea. Meine Geschichte ist wahr. Doch Sie werden mir wohl eher glauben, wenn ich sie wie ein Märchen erzähle.“[1]

Als anerkannte Literaturwissenschaftlerin, ganz konkret Narratologin also Erzähltheoretikerin, sucht sie „nach der Wahrheit, die alle Geschichten der Menschheit miteinander gemein haben.“[2] Ihr Name spricht bereits für sich, denn er stammt aus dem Griechischen αλήθεια und bedeutet Wahrheit. Sie ist Einzelgängerin, die Ehe ist gescheitert und es gibt keine Kinder, Verwandten oder sonstigen Freunde. Trotzdem ist Alithea mit ihrem Leben zufrieden. George Miller hat sich für den Film von der Kurzgeschichte The Djinn in the Nightingale’s Eye der britischen Schriftstellerin A.S. Byatt inspirieren lassen. Es ist eine Kurzgeschichte mit vielen Mysterien und Paradoxa des Lebens und über die Liebe.

Inhaltsverzeichnis

Three Thousand Years of Longing zur Einführung

Auf einer ihrer Forschungsreisen erwirbt die renommierte englische Literaturwissenschaftlerin Dr. Alithea Binnie (Tilda Swinton) auf einem Basar in Istanbul ein kleines Glasfläschen, in dem sich ein Dschinn (Idris Elba) befindet. In ihrem Hotelzimmer reinigt sie es und befreit ihn. Das Prozedere ist allgemein bekannt: Der Dschinn will Alithea drei Wünsche im Tausch gegen seine Freiheit erfüllen. Alithea kennt als Literaturwissenschaftlerin allerdings sämtliche Geschichten über Dschinns und ihre manipulativen Wünsche und zeigt sich wunschlos glücklich. Stattdessen möchte sie mehr über den Dschinn erfahren. Also wird erzählt.

Thematisiert wird das Erzählen in Three Thousand Years of Longing auf mehreren Ebenen, es wird anhand der Figuren und ihren Erzählungen zueinander in Beziehung gesetzt. Der gesamte Film ist eine Erzählung aus dem Mund einer Figur. Es wird lustvoll sein, diesen Film zu analysieren und es wird schmerzhaft sein, weil ich jetzt schon weiß, dass ich nicht alle mir dargebotenen Optionen in angemessener Ausführlichkeit behandeln kann.

Ich werde den Film und meine Analyse in Bereiche unterteilen. Überschneidungen sind vorhanden, sogar notwendig, das hat eben die Methodik der Intertextualität so an sich. Von daher werde ich auch mit einer kleinen theoretischen Erörterung dahingehend beginnen.

I. Three Thousand Years of Longing und Intertextualität

„Jede Geschichte, die wir erzählen, ist ein Fragment in einem sich ewig wandelnden Mosaik,“[3] hallt Alitheas Erzählerstimme gegen Ende des Films aus dem Off.

Mit dem Satz bzw. dem Begriff »Mosaik« sind wir mindestens bei Julia Kristeva[4]:

„Für Bachtin ist der Dialog nicht nur die vom Subjekt übernommene Sprache, sondern vielmehr eine Schreibweise (écriture), in der man den anderen liest, […]  So bezeichnet der Bachtinsche Dialogismus die Schreibweise zugleich als Subjektivität und als Kommunikativität, oder besser gesagt als Intertextualität. […] Jeder Text baut sich als Mosaik von Zitaten auf, jeder Text ist Absorption und Transformation eines anderen Textes.“[5]

Es handelt sich bei dem hier anzitierten Mosaik insofern um einen Flickenteppich von bereits Dagewesenem. Kristeva hat sich an Bachtins[6] Konzept der Dialogizität[7] orientiert und überträgt seine Konzeption des dialogischen Wortes auf Texte insgesamt, wodurch die Theorie der Intertextualität entsteht.[8] Sie macht sich die Ambivalenz des dialogischen Wortes und seine Vielstimmigkeit für den Strukturalismus zunutze und lässt dabei auch Gattungsgrenzen außer Acht (Bachtin untersuchte nur den Roman).

„Bachtin gehört zu den ersten, die die statische Zerlegung der Texte durch ein Modell ersetzen, in dem die literarische Struktur nicht ist, sondern sich erst aus der Beziehung zu einer anderen Struktur herstellt. Diese Dynamisierung des Strukturalismus wird erst durch eine Auffassung möglich, nach der das ‚literarische Wort‘ nicht ein Punkt (nicht ein feststehender Sinn) ist, sondern eine Überlagerung von Text-Ebenen, ein Dialog verschiedener Schreibweisen: der des Schriftstellers, der des Adressaten (oder auch der Person), der des gegenwärtigen oder vorangegangenen Kontextes.“[9]

Vielstimmigkeit im Dialog

„Indem sich Bachtin zufolge Bedeutung erst im Dialog zwischen verschiedenen Stimmen in einer Äußerung, zwischen einer Äußerung und der erwarteten Antwort (des Lesers) sowie zwischen einer Äußerung und ähnlichen Äußerungen in anderen Kontexten entsteht, weist ein Text stets über sich hinaus auf andere Texte. Damit kann ein Text auch keinen abschließend feststellbaren Sinn haben, sondern ist grundsätzlich mehrdeutig: Kristeva spricht mit Bachtin von Ambivalenz.“[10]

Im Gegensatz zu Bachtin, der jede Äußerung an ein sprechendes Subjekt zurückbindet, also Figur, Leser, Erzähler, Autor, ersetzt Kristeva diese dialogische Intersubjektivität durch eine subjekt- und intentionsfreie Intertextualität in einem universalen Textraum.[11] Die bei Bachtin in seiner Dialogizität vorhandene Subjektivität überträgt Kristeva auf Texte, die in einen Dialog miteinander treten – damit einher geht die Abwertung des Subjekts, da es nur noch Texte sind, die im Dialog agieren. Vor dem Schreiben eines Textes steht für den Verfasser das Lesen eines Textes und das Aufnehmen der Inhalte.

Aber auch die Aufnahme von Wissen im Allgemeinen gehört dazu, nicht nur die intensive Lektüre. Es sind auch Wissenselemente, die durch Lebenserfahrung, Sozialisation und Kommunikation in Texte einfließen. Je mehr Wissen, desto mehr Intertextualität? Je mehr Wissen, desto mehr Erkenntnismöglichkeiten für intertextuelle Markierungen auf jeden Fall. Inwiefern hier bewusste und unbewusste Aspekte einbezogen werden können, muss an dieser Stelle aus zeitlichen Gründen leider unbeachtet bleiben.

Aber gerade die in Three Thousand Years of Longing dargestellte Dialogizität zwischen den Figuren als Subjekte, die auch noch die funktionalen Rollen des Autors, der Figuren, des Erzählers und des Lesers verkörpern verweist deutlich auf Bachtin und sein Konzept der Dialogizität.

Bachtins Dialogizität

Jürgen Lehmanns Beitrag zur Dialogizität bezeichnet den Begriff folgendermaßen als „Interferenz von zwei individuellen Sprechweisen und der durch sie artikulierten Sinnpositionen (,Stimmen‘) in einem Wort bzw. in einer Äußerung.“[12] Jede konkrete Äußerung bezieht sich auf ein vorhergehendes bzw. zukünftiges Sprechen, wobei es zu Wechselwirkungen „verschiedener auf einen Sachverhalt bezogene[n] Stimmen“[13] kommt. Dieser Umstand kann sogar auf ein einziges Wort zutreffen, dies stellt einen konkreten Unterschied zu dem zwischen zwei Gesprächspartnern geführten Dialog dar. Laut Berndt und Tonger-Erk postuliert Bachtin die Unmöglichkeit, den Sinn eines Wortes, einer Äußerung oder eines Textes festzuschreiben, ohne dessen Kontexte mitzudenken. „Sinnkonstitution lässt sich nicht auf einen Text begrenzen.“[14]

Der Begriff Unmöglichkeit[15] wird in Three Thousand Years of Longing auch von Alithea benannt. Der Dschinn ist die Unmöglichkeit, die da ist, obwohl sie ihr gesamtes wissenschaftliches Forschen darauf ausgerichtet hat, die Sinnlosigkeit oder Überholtheit des Erzählens von Mythen zu beweisen. Trotzdem hat sie sich die Liebe eines Dschinns gewünscht (dazu kommen wir später noch). Hier lässt sich wieder die von Bachtin postulierte Dialogizität anwenden, man muss die Kontexte und den Sinn mitbedenken. Eine pointierte Analyse ist hier möglicherweise umständlich, weil ich mit theoretischen Grundlagen angefangen habe. Wer den Film gesehen hat, wird vermutlich am besten folgen können.

Von der Intertextualität zur Intermedialität

Oliver Scheidung erklärt: „Obwohl nie systematisch ausformuliert, entfaltet Bachtin aus der Dichotomie von Monologizität und Dialogizität indirekt ein Konzept des literarischen Gedächtnisses.

Das romanhafte Dialogwort als Wort der Kultur ist Träger des lebendigen Gedächtnisses; das monologische, auf einer Wahrheit beharrende Wort befördert hingegen das monumentale bzw. erstarrte Gedächtnis der Geschichte.“[16] Mit Scheidings Erklärung lässt sich dann auch der Kreis zwischen dem Begriff der Wahrheit, vertreten durch Alithea und der Fiktion, dem Dschinn, schließen, obwohl in diesem Fall die Gattungsgrenzen geöffnet werden müssen, nicht nur für sämtliche literarische Gattungen, sondern auch für andere Medien.

Natürlich ließen sich gerade bei Filmen und der dargestellten Wechselwirkung mit anderen Medien auch intermediale Konzepte nach Irina O. Rajewsky[17] anwenden. Und wenn ich es dann noch ganz genau nehmen würde, müsste ich natürlich auch die Intertextualitätstheorie von Renate Lachmann hinzuziehen, da sie die kulturelle Komponente in ihr Intertextualitätskonzept mit einfließen lässt.[18] Aber dann müssten auch die Begriffe des kulturellen und kommunikativen Gedächtnisses, wie sie insbesondere Jan und Aleida Assmann erörtert haben (hier setze ich keine Fußnote Das Ehepaar ist für die Insider allgemein bekannt und alle Interessierten kennen google), hinzugezogen werden. Im Rahmen meiner Möglichkeiten kann ich dies an dieser Stelle nicht leisten.

Three Thousand Years of Longing und die Schöpferkraft des Erzählens - der Dschinn als personifizierte Erzählung

Intentionale Intertextualität in Three Thousand Years of Longing?

Vermutlich wurde beim Erschaffen des Films nicht konkret an die aufgeführten Intertextualitätskonzeptionen gedacht. Das Interessante ist jedoch gerade die Verbindung über spezielle Worte, die sich von der Darstellung mit der Methodik verlinken, etwa Mosaik. Dialogizität und Vielstimmigkeit im Bachtin’schen Sinne und auch Intertextualität nach Kristeva sind in die Figurenreden inter- sowie intratextuell greifbar.

Es sind spezielle Aussagen der Figuren, die
erstens in der jeweiligen Situation in den Erzählungen intertextuelle Relevanz besitzen,
zweitens die im Dialog erscheinenden Begriffe, die Relationen bilden zu den Erzählungen und somit bereits für sich genommen ambivalent sind,
drittens die allgemein verfügbaren im kulturellen Kontext und kanonischen Werken inhärenten mitschwingenden Relationen,
viertens, die dem Dialog innewohnende Metaphorik die gleichfalls ambivalent ist und
fünftens im Rahmen einer Rezeptionsästhetik kognitivistische Perspektive der Rezipienten, die wiederum eigene Relationen auf Basis subjektiven Wissens ziehen können.

Hier die auf diesen Mutmaßungen basierenden Ausarbeitungen zu beginnen, wäre nicht sinnvoll. Sie werden hoffentlich deutlich, wenn nun die thematischen Bereiche analysiert werden.

II. Der Sinn von Erzählungen

Grundsätzlich wirft der Film die Frage nach dem Sinn des Erzählens in der modernen Gesellschaft auf.

Als renommierte Wissenschaftlerin reist Alithea viel und wird zu Vorträgen eingeladen, um sich dort mit Kolleginnen und Kollegen, wie sie sagt, „Geschichten über Geschichten zu erzählen.“[19] (Ist Forschung auch nur wissenschaftliches BlaBla?) Auf einer Tagung mit dem Namen Adventures in Narratology in Istanbul führt ihr Kollege sie ein mit den Worten, Geschichten seien das einzige Mittel die unerklärlichen Ereignisse in der menschlichen Existenz zu erklären.

Alithea: Wir haben den unbekannten Kräften hinter Unwettern und Katastrophen Namen gegeben durch das Erzählen von Geschichten.
Es folgt eine Analogie der Sagen und Mythengestalten der Griechen, Römer und nordischen Völker mit ihren Gottheiten wie Poseidon, Mars oder Odin, die gleichfalls über das Erzählen nicht einen wichtigen Status innerhalb einer Kultur innehatten. Diese werden verknüpft mit den Superhelden der Neuzeit wie sie aus Comics und Filmen bekannt sind. Woraufhin Alithea eine Frage stellt:
Alithea: Wozu brauchen wir sie heute?
Konkret wird der Gegensatz zwischen Mythologie und Wissenschaft eröffnet. Mythologie umfasse das Wissen von früher, Wissenschaft das Wissen von heute.
Alithea: „Früher oder später ersetzen wir alle unsere Schöpfungsgeschichten durch Narrative der Wissenschaft. […] Und alle Götter und Monster haben sich hiermit überlebt, dienen uns nur noch als Metapher.[20]

Sie zieht mit ihrer Aussage den Zorn mythischer Figuren bzw. Dschinns auf sich.

Der Sinn von Erzählungen

Alithea ist mit ihrem akademischen Grad jene figurale Autorität, die eine derartige Frage aufwerfen darf. Eben diese Frage wird an ihrem folgenreichen Zusammentreffen mit dem Dschinn (Idris Elba) figural inszeniert und dialektisch an ihrem Dialog sowie durch die intertextuelle Interaktion der Erzählungen dargestellt. Interessant auch, dass sich die beiden zunächst auf Griechisch verständigen, der Sprache, aus der sämtliche antiken Werke der Weltliteratur übersetzt wurden und die einen großen Einfluss auf die kulturelle Entwicklung hatte. Die Mythen des Altertums, die Ideen der Denker und Philosophen, der Mathematiker – sie sind immer noch präsent.

Die großen Emotionen der Menschheitsgeschichte

Der Dschinn erzählt Alithea von seinen Erfahrungen, von Liebe, Gier, Neid, Eifersucht, Einsamkeit, Wut usw. die er (ähnlich den in großen Erzählungen der Menschheitsgeschichte abstrahierten und personifizierten Erfahrungen) in Erzählungen einbettet. Sagen, Mythen – sie dienten der Erklärung des Unerklärlichen. Unwetter und Naturkatastrophen wurden von Göttern hervorgerufen, weil sie zornig waren und die mit Opfergaben besänftigt werden mussten. Den massenhaften Wegzug von Menschen, die sich in lukrativeren Gegenden niederlassen wollten, erklärten wundersame Geschichten über Gier und Neid wie beim Rattenfänger vom Hameln, der die Hamelner dafür bestrafte, dass sie ihn nach dem Entfernen der Rattenplage nicht auszahlen wollten. Den Aufstieg von Adelshäusern krönten sagenumwobene Legenden, wie bei dem französischen Geschlecht Lusignan, deren Stammmutter Melusine ist. Historische Figuren leben ausgeschmückt in Heldengeschichten und Märchen weiter, sie leben ewig in der Tradition des kulturellen Gedächtnisses in immer neuen Varianten ihres ursprünglichen Selbst.

Alithea erzählt dem Dschinn von ihrem Leben, ihrem Alltag, ihrer gescheiterten Ehe. Es ist ein Kommunikationsaustausch durch Erzählen über das Erzählen – und einem Transfer über das Erzählen, denn Alitheas plane Lebensgeschichte ist mit den wunderbaren Geschichten des Dschinns vielfältig verknüpft. Derartiges findet sich bereits bei dem von Tim Burton verfilmten Big Fish[21] und einem meiner absoluten Lieblingsfilme von Tarsem Singh mit dem Namen The Fall[22] mit Lee Pace in der Hauptrolle.

Wenn die Rätsel über die Entstehung dieser kulturbegründenden und deutenden Erzählungen bezüglich ihrer Funktion gelüftet sind, die Menschheit aufgeklärt ist und neue Helden alte Erzählungen ersetzen – was hat Erzählen dann noch für einen Sinn?
Wait for it.

Ein filmisches Gedankenexperiment

Dschinn: „Aber wir zwei sind die Autoren dieser Geschichte und können all diese Fallen vermeiden.“[23]

So lautet die Erwiderung des Dschinns auf Alitheas Ablehnung einen Wunsch auszusprechen. Sie kenne als Narratologin schließlich alle Geschichten über die Ambivalenz des Wünschens und die Hinterhältigkeit von Dschinns.

Vergessen werden darf nicht, dass der Film Alitheas Geschichte ist, die sie wie ein Märchen erzählt, der Dschinn und sie selbst Figuren darin sind und sie in einer Art mise en abyme[24] wiederum diese Figuren (die abstrakt betrachtet zwei entgegengesetzten Prinzipien) nämlich Mythologie und Wissenschaft darstellen, miteinander diskutieren lässt gerade über die ihrer Ontologie zugrundeliegenden Konstruktion.

Dschinn-Erzählung 1: Geliebter der Königin von Saba

Der Dschinn erzählt von seiner Liebe zu der wunderschönen Königin von Saba. Sie lässt sich durch König Salomo mit Musik betören, der den Dschinn in seine Flasche sperrt und ins Meer wirft. In der Bibel ist es im Gegensatz zum Film Saba, die mit ihrem Gefolge an den Hof Salomos reist. Dort stellt sie ihm die berühmten Rätselfragen.[25] Seither rätselt auch die Menschheit, was für Fragen die Königin Salomo stellte. Der Dschinn weiß es natürlich. Zum einen sollte er einen bestimmten roten Seidenfaden im Palast der Tausend Räume finden, den geheimen Namen von Sabas Dschinn-Mutter erraten und ihr sagen, was Frauen sich am meisten wünschen.

Welche Version stimmt, welches Rezeptionszeugnis ist wahr?

Dschinn: Niemals habe ich ein Wesen [Saba] so begehrt. […] Aber es wurde nicht mehr daraus wegen Salomon.
Alithea: König Salomon?
Dschinn: Gesegnet sei sein Andenken. Er durchmaß die Wüste, um sie zu umwerben.
Alithea: Ging nicht sie zu ihm?
Dschinn: Nein. Niemals.
Alithea: So steht es überall geschrieben. In allen Geschichten, den Gemälden. Händel hat Musik dazu komponiert.
Dschinn: Madam, ich war dabei. Salomon kam zu ihr.[26]

Wo beginnt der Ursprung eines Motivs, einer Erzählung, einer Figur, eines Stoffs? Das weiß kein Mensch, nur die personifizierte Fiktion – hier der Dschinn – selbst. Alithea besitzt natürlich als Gelehrte entsprechendes Wissen, doch handelt es sich auch nur um angeeignetes Wissen aus dem, was zur Untersuchung der Menschheit zur Verfügung steht. Doch der Dschinn, er war dabei! Der Film ruft so viele Motive und Stoffe auf, darunter natürlich auch die Geschichten aus Tausend und eine Nacht. Alles besitzt Relationen zueinander, alles ist Intertextualität, ein Mosaik aus Texten.

Dschinn-Erzählung 2: Sklavin Gülten will zu viel

Erst 2500 Jahre später wird die Flasche von Fischern geborgen und gelangt in den Besitz von Gülten, einer Sklavin. Sie befreit den Dschinn und er gewährt ihr drei Wünsche. Der erste Wunsch gilt Prinz Mustafa, dessen Liebe sich die Sklavin erlangen will. Als sie in die Königsfamilie aufsteigt, erbittet sie ihren zweiten Wunsch, eine Schwangerschaft. Innerhalb der Sultansfamilie herrschen Intrigen und Mustafa wird ermordet, gleichfalls Gülten. Sie kann ihren dritten Wunsch nicht äußern, sodass der Dschinn abermals in der Flasche verharren muss.

Dschinn-Erzählung 3: Zefir – Wissen und Macht

Die junge Zefir leidet unter der Zwangsverheiratung mit einem alten Geschäftsmann. Doch kommt sie in den Besitz der Flasche und befreit den Dschinn. Sie hat einen wachen Geist und wünscht sich das gesamte Wissen der Menschheit zur Erweiterung ihres Verstandes. Der Dschinn verliebt sich in Zefir und will gerade aus diesem Grund nicht ihren dritten Wunsch hören, weil er sonst frei wäre. Sie streiten woraufhin Zefir in ihrer Wut wünscht, sie wäre ihm nie begegnet. Alithea ist die nächste, die ihn befreit.

Alitheas Geschichte als Geschichte in Geschichten

Alle vom Dschinn erzählten Geschichten – seine eigenen Geschichten – beziehen sich stellvertretend auf Alithea und spiegeln spezifische Anteile ihres Lebens, Verhaltens oder ihrer Persönlichkeit. Eine interessante Analyse hat Robert Pitman verfasst, die sich für Interessierte als sehr lesenswert und informativ erweisen könnte.[27] Nach dem zu Anfang genannten Satz ist dies die logische Konsequenz, denn letztlich kündigt Alithea den Film, ihre Erzählung, als eigene Geschichte an und kennzeichnet sie zudem als wahr, obwohl sie ein Märchen ist. Sie steht als auctoritas hinter der Erzählung und beglaubigt deren Wahrheit.

Dabei handelt es sich um ein typisches Merkmal, das Autorinnen und Autoren in der gesamten Weltgeschichte stets zur Emphase der eigenen Glaubwürdigkeit genutzt und als Zeugnis der Wahrhaftigkeit des Erzählten eingesetzt haben. Hier ließe sich jetzt ein Exkurs zu den Lügen der Dichter, also Dialogen des Sokrates aus der Hand Platons aufmachen, zu mittelalterlichen Chroniken, den frühneuzeitlichen Flugblättern über Goethe und Nietzsche bis hin zur modernen Bildzeitung. Doch auch dafür ist an dieser Stelle keine Zeit.

Alitheas Geschichte – Alithea in allen weiblichen Figuren

Es gibt signifikante Ähnlichkeiten zwischen den weiblichen Figuren in den Erzählungen des Dschinns und Alithea. Als König Salomon Saba betört, ist die einzig sichtbare Gefühlsregung an ihrem Schlucken ersichtlich, dies wiederholt sich an Alithea. Gülten äußert trotz ihrer offensichtlichen Gefahr keinen dritten Wunsch und macht den Dschinn wieder zu einem Gefangenen der Flasche; Alithea äußert genau dasselbe gegenüber dem Dschinn. Zefir wünscht sich, sie hätte den Dschinn nie getroffen und auch Alithea äußert diesen Wunsch.

Nun, es ist Alitheas Geschichte. Sie erzählt von sich aus und markiert wichtige Passagen in ihren Erzählungen.

Dies beweist wieder, dass Menschen von sich erzählen und aus sich heraus erzählen. Alithea gibt selbst zu, dass sie sich nicht aus ihrer eigenen Geschichte hinausschreiben kann.[28] Beispielsweise wird Zefir von dem Dschinn schwanger, er liebt sie mehr als seine Freiheit und will für immer bei ihr bleiben – eine Umkehrung findet sich in Alitheas Wunsch, mit dem sie den Dschinn zwingt, sie zu lieben. Zefir trägt eine ähnliche Brille wie Alithea und hat eine Kunstflaschensammlung, ist ebenso genial und wissbegierig.

III. A Thousand Years of Longing eine Liebesgeschichte?!

Gemeinsam Alleinsein – Die Liebe zur personifizierten Erzählung

Nachdem der Dschinn erzählt hat, äußert Alithea ihren Wunsch.
Alithea: Ich habe einen Wunsch. Obwohl ich befürchte, dass es vielleicht zu viel verlangt ist.
Dschinn: Liegt es denn in meiner Macht.
Alithea: Ich hoffe es. Das hoffe ich.
Dschinn: Ist es euer Herzenswunsch.
Alithea: Ja, da bin ich mir sicher. Ich bin hier, um dich zu lieben. Und ich wünsche mir, dass du meine Liebe erwiderst.
Dschinn: Ihr wünscht euch also die Kunst der Liebe.
Alithea: Ja, das auch. Einfach alles.
Dschinn: Und ihr gebt euch selbst dafür hin?
Alithea: Ja. Ja! Ich will, dass wir unser Alleinsein gemeinsam verbringen. Ich will die Liebe, wie sie in allen Märchen bekundet wird. Ich will die Sehnsucht, die du gefühlt hast für die Königin von Saba. Und die Liebe, die du deinem Genie Zefir geschenkt hast. All das will ich.[29]

Eine Liebeserklärung an Erzählungen

„Wie gehen wir mit erweckten Sehnsüchten um? Wie kann ich Sie davon überzeugen, dass ich mit einem Dschinn die Liebe gefunden habe. Es würden mir ohnehin nur wenige glauben. Liebe ist nichts, was wir über den Verstand erreichen. Sie ist wie ein Nebel, ein Traum vielleicht mit dem wir in den Zauber unserer eigenen Geschichten gelockt werden. Wenn dem so ist, wie können wir dann wissen, ob es Wirklichkeit ist? Ist es die Wahrheit oder einfach ein Wahn?“[30]

Ist der Film somit nur eine ganz banale Liebesgeschichte zwischen Alithea und dem Erzählen an sich? Will sie die in ihrem Leben vor allem durch ihre Berufswahl inhärenten verstandesbasierten Anteile mit dem möglicherweise dem intuitiven Erzählen des Dschinns verbinden? Ist der Film somit eine einzige Metapher, aus der hervorgehen soll, dass es eben nicht ohne das Erzählen geht? Dass Erzählen menschlich ist und kulturstiftende Funktionen besitzt, zudem persönlichkeitsbildende Funktionen, daneben auch noch psychohygienische Funktionen, theologische Funktionen? Und am Ende bleibt nur die Liebe, die Liebe zum Erzählen und die Liebe zur Literatur? Wäre das möglich?

Ja, das wäre sicher möglich.

Dschinn: Mich?
Alithea: Dich!
Dschinn: Dich.
Alithea: Mich.
Ist das zu viel? Ist das vielleicht zu viel verlangt?
Dschinn: Komm.[31]

Der Dschinn und die Liebe

Aber vielleicht geht es auch um den Dschinn und seine Suche nach der wahren Liebe und der Freiheit: „Alithea, wie kann es denn ein Fehler sein, jemanden voll und ganz zu lieben?“[32] fragt er Alithea, nachdem Zefir sich gewünscht hat, ihn zu vergessen. Jede seiner Erzählungen handelt von der Liebe in Relation zu einer Person oder Freiheit oder einem Wunsch und dem Willen andere mögen seinen Wünschen zu Willen handeln. Insofern ist der Dschinn nicht nur Objekt, sondern Subjekt, selbst nach der Liebe Suchender, die er teilen kann und zwar in Freiheit. Mit dieser Schlussfolgerung gehen auch Positionswechsel der Begriffe Wünschende/r und Erfüllende/r einher. Oder salopp formuliert: Zur Liebe gehören immer zwei, sonst ist es keine Liebe. Oder: Liebe kann nicht erzwungen werden. Sie ist ein Geschenk, das auf Freiwilligkeit basiert. Das stellt auch Alithea fest.

Möglicherweise ist es menschlich, und wider die Vernunft immer und immer wieder dieselben Fehler zu begehen. Begehren erfüllt haben wollen. Dinge besitzen wollen.

IV. Das Erzählen und die Wahrheit – a Neverending Story

Erzählen ist das Urbedürfnis des Menschen, wie Essen, Trinken und Schlafen. Erlebnisse werden geschildert, Erfahrungen werden in Worte gebracht, Sehnsüchte angedeutet, Jubel, Freude und Glück, aber auch Schmerz, Trauer und Klage werden in Situationen oder Bildern geschildert und so dauerhaft erfahrbar gemacht, seelisch bewältigt. So entsteht Dichtung, große Dichtung.“[33]

So steht es im Vorwort zum Gilgamesch-Epos, einer der ersten großen Dichtungen der Menschheitsgeschichte überhaupt, entstanden bereits vor Tausenden von Jahren.

Es geht, wie beim Erzählen üblich auch dort um existentielle Grunderfahrungen des Menschen. Zu diesen gehören das Leben und der Tod, Freundschaft und Feindschaft, Liebe, Rache und Macht, Kampf und Herrschaft, Hochmut und Fall und mehr.[34] Auch wenn dieses Epos in einer völlig anderen Zeit erschaffen wurde, so bleiben die darin behandelten Themen aktuell und kleiden sich mit jeder Epoche in einem anderen sprachlichen Gewand.

V. Mensch und Erzählen in Three Thousand Years of Longing

Anthropologische Überlegungen zum Erzählen

Bevor nun einige der Mechanismen des Erzählens an sich erörtert werden sollen, möchte ich einige anthropologische Erkenntnisse hinzufügen. Festgestellt wurde im Rahmen des Gilgamesch-Epos bereits, dass Erzählen zu den ältesten mentalen Techniken des Menschen gehört – also zum Menschsein an sich – und demnach den Status als eine anthropologische Universalie behaupten kann. Michael Neumann hat sich den Erzählungen im Zusammenhang mit anthropologischen Überlegungen gewidmet und bezieht das Erzählen auf zwei Kompetenzen, die er „als besonders folgenschwere Neuerwerbungen in der Evolution des Menschen.“[35]

Es handele sich um die „Fähigkeit, mittels der Sprache die sozialen Beziehungen zu vervielfältigen und zu differenzieren, und auf die Fähigkeit zu mentalem Probehandeln.“[36] Neumann greift bei seinen Überlegungen auf die Thesen des Anthropologen Robin Dunbar zurück. „Folgt man Dunbar, so ist die Erzählung also gleichzeitig mit der Sprache, ja die Sprache ist primär nicht – wie ältere Theorien vermuten – im Zusammenhang mit dem Werkzeuggebrauch oder für die Kooperation in Jagd und Kampf, sondern um des Erzählens willen entstanden. Die Schlußfolgerung liegt nahe, daß etwaige Gesetzmäßigkeiten des Narrativen elementaren Einfluß auf den kognitiven Zugriff des Menschen auf seine soziale Welt, ja auf seine Welt überhaupt haben könnten.“[37]

Gespräche ermöglichen Überleben

Durch Gespräche ist der Mensch nicht mehr länger auf seine eigenen Beobachtungen angewiesen, sondern kann sich an den Informationen und Neuigkeiten orientieren, die durch andere an ihn herangetragen werden.[38] Der Mensch kann sich ‚erzählen lassen’ und erzählt selbst von seinen Beobachtungen, die er dann mit der Umwelt abgleichen kann. Dies bietet Möglichkeiten, aber auch Gefahren. Denn nicht alles, was erzählt wird, ist wahr. Fakten werden mit Fiktion gemischt – dies bietet Optionen zur bewussten Täuschung von anderen. Je mehr Fiktion, desto eher lässt sich von einer Täuschung sprechen.

Allerdings ist auch die reine Wiedergabe von Fakten unwahrscheinlich, da es eine perspektivische Beschränkung gibt, die durch die eigene Wahrnehmungs- und Urteilsfähigkeit sowie weitere Aspekte zustande kommt.[39] Sprachliche Kommunikation ist insofern relevant für das Überleben in Gruppen. Dazu gehört auch, sich gegen Täuschungen zu schützen sowie das Täuschen anderer. Eine derartige kognitive Leistung bedarf einer differenzierten Sprache und großer Gehirne, die sich in Folge dessen evolutionsbedingt weiter entwickeln mussten.[40]

Erzählen als mentales Probehandeln zum Testen von Handlungsabläufen

Tatsächlich ist mentales Probehandeln ein Experimentieren in Gedanken, ein Gedankenexperiment, wie ich es bereits einführend im Rahmen der Namensgebung dieser Seite unter What erläutert habe. Mentales Probehandeln „erspart die Risiken, die mit realem Ausprobieren unter Umständen verbunden wären. Es spart Kraft und Zeit. Und es ermöglicht das probeweise Durchspielen von Situationen, die in der Realität kein Ausprobieren erlauben, sondern nur als Ernstfall begegnen, vor allem also jene hochselektiven Fälle in denen nur die angestellten Überlegungen das zeitliche segnen.“[41] Über das im erzählerischen Austausch mit anderen oder im gedanklichen Monolog oder Selbstgespräch stattfindende Gespräch können Risiken abgewogen und Chancen ausgelotet werden.

Erzählen leiste nach Jan Christoph Meister mehr als das bloße Auflisten von unzusammenhängenden Ereignissen und punktuellen Beobachtungen, weil es Zusammenhänge Zusammenhänge herstelle. „In dieser Funktion begegnet es uns als medienübergreifendes Phänomen, das nicht notwendig an Sprache oder Texte gebunden ist: Zeichnungen und Bilder, Gesten, Filme, das Ballett, die Performance und womöglich sogar architektonische und musikalische Artefakte können ereignisverknüpfende Geschehensberichte liefern.“[42]

Die Emanation der Psyche verschriftlichen

Alithea: In meiner Jugend, da gab es einen Jungen.
Dschinn: Euer erster Liebhaber.
Alithea: Oh, nein, nein. Nein, er war nicht aus Fleisch und Blut.
Dschinn: Ein Dschinn.
Alithea: Nein. Zu der Zeit hatte man mich in eine Mädchenschule gesteckt. Scharen von Mädchen. Ich war, bin ich noch, eine Einzelgängerin von Natur aus. Und dieser Junge, Enzo, kam zu mir aus dem Nichts. Aus dem Bedürfnis mir Dinge vorzustellen. Er erzählte mir Geschichten in einer Sprache, die nur wir beide sprachen. Und immer, wenn ich Kopfweh hatte, verschwand er, aber er war nie weit weg, wenn ich Asthmaanfälle hatte.
Dschinn: Er war wie der kleine Albert [es läuft eine Dokumentation über Einstein im Fernsehen], die ich euch nicht geben durfte. Eine Emanation.
Alithea: Nur die Emmanation einer Abwesenheit. Ich hatte Angst, dass er mich verlässt. Also schrieb ich über ihn. Ich schrieb ein Tagebuch, prallvoll mit Fakten. Aber je mehr Realismus ich hinzufügen wollte, desto mehr wuchsen meine Zweifel und langsam fand ich alles albern. Ich kam mir lächerlich vor. Also hab‘ ich irgendwann alles im Ofen der Schule verbrannt. Und danach war er gänzlich verschwunden.
Dschinn: Und doch bin ich hier.
Alithea: Entgegen aller Vernunft, ja.[43]

Three Thousand Years of Longing und die Schöpferkraft des Erzählens

Ausfluss der Schöpfung

Diese Passage ist für mich besonders interessant. Schauen wir zunächst auf die Begrifflichkeiten: Emanation, eine „bildhafte Vorstellung des Verhältnisses von Einheit und Vielheit, wobei »das Eine« zugleich als Bedingung und Ursprung der Vielheit fungiert.“[44] Der Begriff stammt aus dem Lateinischen von emanatio und bedeutet Ausfließen oder Ausfluss wie Wasser oder Licht aus einer Quelle. Und ist das nicht auch eine Metapher für die Schöpfungskraft des menschlichen Geistes, der hier die Quelle darstellt bzw. in Kooperation erschafft mit der Quelle des kulturellen Gedächtnisses, aus der Wissen fließt, das geschöpft werden kann und wiederum nährt und erschafft? Ein Rückschluss auf die Konzepte der Intertextualität ist obligatorisch.

Der Schöpferkraft neuen Raum geben

Der Dschinn – so könnte eine These lauten – ist die Emanation der Geschichte, derer Alithea sich einst schämte und die sie verbrannte. Sie wählt stattdessen den Beruf der Wissenschaftlerin und forscht ihr gesamtes Leben an gegen ihre Schöpferkraft, den darin enthaltenen und zutiefst menschlichen Sinn sowie die Bestimmung des Erzählens für den Menschen. Nur, um festzustellen, dass sie eben diesen Sinn, diese im Erzählen und durch das Erzählen dringende Schöpferkraft braucht. Dass es kein kulturelles Phänomen ist, sondern ein menschliches Bedürfnis, das alle Bereiche des Lebens umfasst und in sich aufnimmt.

Und am Ende, da schreibt sie ihre Geschichte von dem elektromagnetischen Dschinn in ein Notizbuch – und lässt ihre Schöpferkraft fließen im Einklang mit dem, was in der Kultur der Menschheitsgeschichte bereits erzählt worden ist.

VI. Alithea als Figur auf dem Autismus-Spektrum?

Alithea: Er [sie meint ihren Ex-Ehemann Jack, der wieder geheiratet hat] sagte mir, ich sei unfähig, Gefühle zu lesen. Ich war unfähig, seine Gefühle zu lesen. Die Art und Weise, wie mein Gehirn tickt, ist sowohl Quell meiner Stärke als auch meiner Einsamkeit. Wahrscheinlich liebe ich deswegen Geschichten. Ich finde Gefühle durch diese Geschichten.[45]

Eine interessante Perspektive wirft Andreas Hofer von Medium auf, der Alithea „obviously on the autism spectrum“[46] sieht. Die Liebe zum Geschichtenerzählen ermögliche Alithea, sich in neurotypische Menschen hineinzuversetzen, zudem ist sie anerkannte Narratologin. Sie hat sich diese Liebe zum Geschichtenerzählen und auch die darin für sie liegende Option, Menschen über das Erzählen begreifen zu können, zu ihrem Beruf gemacht und zwar äußerst erfolgreich.

Warum wünscht sie sich nichts vom Dschinn, auch wenn sie ganz offensichtlich einsam ist? Hofer geht davon aus, dass Alithea versteht, dass materieller Reichtum nichts an ihrer Situation ändern würde. Aber Zeit mit dem Dschinn zu verbringen und seinen Geschichten zu lauschen – gerade das ändert einiges.[47]

„For the past couple of years I have been arguing that neurodiverse people have mostly hunter-gatherer minds. Hunter-gatherers don’t value material possessions a lot, but they do like exacting information about possible sources of vegetables and hypothesising about the information animal tracks provide. In brief, they are far more interested in talking about the “truth” than acquiring material possessions.“[48]
Übersetzung: In den letzten Jahren habe ich argumentiert, dass neurodiverse Menschen größtenteils einen Jäger-Sammler-Verstand haben. Jäger und Sammler legen nicht besonders viel Wert auf materiellen Besitz, aber sie interessieren sich sehr für genaue Informationen über mögliche Quellen von Gemüse und für das Hypothesieren über die Informationen, die Tierpfade liefern. Kurz gesagt sind sie viel mehr daran interessiert, über die „Wahrheit“ zu sprechen, als materiellen Besitz zu erwerben.

Neurodiversität und Erzählen

Hofers Ansicht ist gerade mit Bezug auf die Narratologie oder Erzähltheorie sehr interessant. Bei dem Begriff Neurodiversität handelt es sich um einen Neologismus, den ich mit einer sehr gut formulierten Definition erklären möchte: „Neurodiversität, das bedeutet neurologische Vielfalt. Jeder Mensch, jedes Gehirn ist anders. Neurodiversität meint, dass es nicht den einen neurobiologischen Bauplan gibt, sondern viele verschiedene. Autismus, AD(H)S und andere Entwicklungsstörungen oder psychische Krankheiten sind nichts weiter als neurologische Varianten. Es sind Gehirne, die anders verdrahtet sind, anders geschaltet.

Und die sich dementsprechend anders entwickeln, anders wahrnehmen und kommunizieren. Aber keine kranken, schadhaften Gehirne. Neurodiversität ist für uns ein Faktor beim (Er)finden unserer Identität. Ein wichtiger Baustein, vielleicht der wichtigste. Weil er uns am offensichtlichsten abgrenzt und unterscheidet. Und uns gleichzeitig mit so vielen anderen Menschen verbindet. Neurodiversität gibt uns eine Erklärung und ein Zuhause. Es ist ein Wegweiser auf unserem Pfad, bei dem es kein Ankommen, aber immer ein Weitergehen und Entdecken gibt.“[49]

Anderssein erzählen an Figuren!?

Die Figur der Zefir ist Alithea ähnlich. Beide suchen nach der Wahrheit und sind dem Intellekt zugeneigt.

Dschinn: Sie war eine begabte Künstlerin aber niemand bekam ihre Kunst zu Gesicht. Sie erzählte mir, dass die ungenutzte Kraft sie verzehrt.  Sie glaubte, sie könnte eine Hexe sein. Aber sie sagte auch, dass ihr Intellekt ohne weiteres akzeptiert werden würde, wenn sie ein Mann wäre. Sie war eine Frau, begierig, sich Wissen anzueignen. Und ich wusste, was ihr erster Wunsch wird.“[50]

Zefirs Aussage ist eingebunden in die Erzählung des Dschinns und zeigt nicht nur die in der Vergangenheit grundlegende minderwertige Position der Frau auf, sondern beschreibt auf die Andersartigkeit, mit welcher holistisch oder kreativ begabte Menschen sich im Vergleich mit der gesellschaftlichen Norm auseinandersetzen müssen. Dabei handelt es sich nur um eine andere Art und Weise die Welt zu betrachten und Schlüsse darüber anzustellen, etwa Muster hinter den sich bietenden Ereignissen festzustellen.

Das Phänomen wird auch Pareidolie genannt. Gerade dies machen Narratologen, sie untersuchen Texte hinsichtlich spezifischer Gegebenheiten und stellen anhand verschiedener Kriterien Thesen über Strukturen von Textabschnitten, Relationen von Inhalten, Wörtern und Sätzen auf oder setzen diese mittels Intertextualität in Beziehung zu anderen Texten oder schauen mit Konzepten der Rezeptionsästhetik oder kognitivistischen Ansätzen auf die Wechselwirkung zwischen Rezipienten und Lektüre. Aber auch medientheoretische Ansätze sind analysierbar, schon allein, wenn Alithea erwähnt, sie sei frei, wie eine Gefangene, die aus dem Verlies ins Sonnenlicht tritt und dabei intertextuell auf Platons Höhlengleichnis rekurriert.

Das Erzählen, die Narratologie, ist eine Wissenschaft und sie wird nicht nur von neurodiversen Menschen betrieben, auch wenn Hofers Ansatz in der Tat sehr interessant ist. Ich halte Alithea nicht für neurotypisch oder autistisch. Vielleicht ist erzählen auch eine Methode, um die eigene Einsamkeit zu mindern und das Alleinsein aus sich heraus genießen zu können.

Ein abschließender Blick auf den Titel: Three Thousand Years of Longing

Ich erwähnte am Anfang das Gilgamensch-Epos, das vor rund 2700 Jahren niedergeschrieben wurde.[51] Könnte sich der Titel mit dem sich abzeichnenden Beginn einer Schriftkultur in Beziehung setzen lassen? Dann würden aber mehr als 70.000 Jahre alte Höhlenmalereien nicht mitgerechnet. Für mich gehören diese zum traditionellen Erzählen für die Nachtwelt dazu. Also ist ein engerer Fokus angemessen.

Es geht um den Dschinn. Der Dschinn ist eine Mythengestalt des Orient.[52] Der Dschinn beginnt mit seinen Erzählungen bei seiner Liebe zu der Königin von Saba, grob geschätzt wären das etwa 3000 Jahre zurückgerechnet. Was hat es mit dem Begehren auf sich? Geht es um das Begehren nach Freiheit? Oder geht es um das Begehren nach Liebe? Geht es um Lust? Um Wissensdurst? Macht? Frieden? Freundschaft? Oh, nicht nur der Dschinn macht diese Erfahrungen, auch seine Figuren und sogar Alithea machen sie, und zwar in immer wieder anderem Gewand und aus anderen Perspektiven, womit ich an dieser Stelle gerne an den Anfang meiner Ausführungen zu den Ausführungen über Intertextualität von Bachtin und Kristeva verweise – und damit auch auf die im Titel vorhandene Polyphonie.

Schluss

Die Vielstimmigkeit, welche in Three Thousand Years of Longing enthalten ist, wurde hoffentlich anhand dieser sich ausfaltenden und doch viel zu knappen Analyse deutlich. Statt eines abschließenden Fazits, wie ich es bisher gehalten habe, möchte ich stattdessen eine persönliche Note einfließen lassen.

Mir gefällt dieser Film sehr gut, nicht nur dem Thema allein wegen, der bildgewaltigen Darstellung und den hochkarätigen Schauspielern. Sondern vor allem wegen den so unterschiedlichen Aspekten, die anhand der Figuren thematisiert werden und die sich speisen aus Theologie, Philosophie, Medienwelt, Wissenschaft, Menschheitsgeschichte und Psychologie und bestimmt noch mehr. Es ist das Erzählen, die Fähigkeit zum Erzählen und Abstrahiere und zum gottgleichen Erschaffen, die uns Menschen gegeben ist. Wir können über das Erzählen wünschen, Wünsche äußern und Wünsche erfüllen, Wünsche erfüllt sehen.

Insofern – und nun ziehe ich doch ein Fazit – ist Three Thousand Years of Longing eine Liebeserklärung an das Erschaffen durch Erzählen.

Weiterführende Fragen

1. Inwiefern werden an den Figuren und ihrem Dialog auch die Gegensätze von alten und neuen Medien bzw. dem Erzählen und der Wissenschaft inszeniert?

2. Welche weiteren Intertextualitätskonzepte können auf die Erzählungen der Figuren und insgesamt auf den Film angewandt werden und wieso?

3. Welche Bedeutung spielt die Deklaration der gesamten Erzählung als Märchen, auch im Hinblick auf gattungspoetologische Aspekte im Zusammenhang mit dem Erzählen als kulturstiftende Instanz?

4. Welche intermedialen Aspekte fließen in den Film und in die einzelnen Erzählungen der Figuren mit ein und wie stehen sie zu der Darstellung der Figuren und ihren Erzählungen?

5. Wie sind die Figuren beschaffen und wie entwickeln sie sich im Verlaufe des Films bzw. im Verlaufe der Erzählungen und gibt es signifikante Unterschiede zwischen Zuhören und Reden und einer damit einhergehenden Erkenntnis bezüglich bestimmten Themen?

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Quellen:

Miller, George: Three Thousand Years of Longing [Film]. Australien, United States: Metro-Goldwyn-Mayer, FilmNation Entertainment, Elevate Production Finance, Sunac Culture, Kennedy Miller Mitchell, 2002.

Verwendete Literatur:

Berndt, Frauke/Tonger-Erk, Lily: Intertextualität. Eine Einführung. Berlin 2013 (Grundlagen der Germanistik 53).
Britannica, T. Editors of Encyclopaedia. „Mikhail Bakhtin.“ Encyclopedia Britannica, November 13, 2023, online unter: https://www.britannica.com/biography/Mikhail-Bakhtin, zuletzt aufgerufen am 06.12.2023.
Das Gilgamesch-Epos. Übersetzt, kommentiert und herausgegeben von Wolfgang Röllig. Stuttgart 2019 (Reclams Universal-Bibliothek Nr. 18686).
Die Bibel. 1. Kg 10.1. online unter: https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lesen/LU17/1KI.10/1.-K%C3%B6nige-10 zuletzt aufgerufen am 05.12.2023.
Dumouchel, Nadja: Erzählen als Lebensbereicherung in Tim Burtons Film „Big Fish“, online unter: https://www.literaturtheorien.uni-wuppertal.de/fileadmin/literaturwissenschaft/literaturtheorien/dumouchel_bigfish.pdf, zuletzt aufgerufen am 07.12.2023.

F

Fricke, Harald: Potenzierung. In: RLW 3. Hg. von Jan-Dirk Müller. Berlin/New York 2007, S. 144-147.
Hofer, Andreas: Neurodiversität und Narratologie in Threethousand Years of Longing. In: Medium, 27. Oktober 2022, online unter: https://andreashofer72.medium.com/the-neurodiverse-people-in-three-thousand-years-of-longing-2274dbfa889, zuletzt abgerufen am 25.11.2023.
Dommaschk, Ruth: Emanation. In: https://www.spektrum.de/lexikon/philosophie/emanation/542, zuletzt aufgerufen am 06.12.2023.
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L

Lachmann, Renate: Gedächtnis und Literatur. Intertextualität in der russischen Moderne. Frankfurt am Main 1990.
Lehmann, Jürgen: Dialogizität. In: RLW 1. Hg. von Klaus Weimar. Berlin/New York 2007, S. 356-357.
Meister, Jan Christoph: Erzählen: Eine anthropologische Universalie? In: Grundthemen der Literaturwissenschaft: Erzählen. Hg. von Martin Huber und Wolf Schmid. Berlin/Boston 2018, S. 88-112.
Neumann, Michael: Erzählen. Einige anthropologische Überlegungen. In: Erzählte Identitäten. Ein interdisziplinäres Symposium. Hg. von Michael Neumann. München 2000, S. 280-296.
Pitman, Robert: Three Thousand Years Of Longing True Meaning Explained. In: Screen Rant, erschienen am 27. August 2022. Online unter: https://screenrant.com/three-thousand-years-of-longing-true-meaning-explained/ (zuletzt aufgerufen am 04.12.2023).

R

Rajewsky, Irina O.: Intermedialität. Tübingen/Basel 2002.
Scheiding, Oliver: Intertextualität. In: Gedächtniskonzepte der Literaturwissenschaft. Theoretische Grundlagen und Anwendungsperspektiven. Hrsg. von Astrid Erll und Ansgar Nünning. Berlin [u. a.] 2005 (Medien und kulturelle Erinnerung 2), S. 53-72.
Schmitz, Bettina: Kristeva, Julia. In: Metzler Philosophen-Lexikon. Online unter: https://www.spektrum.de/lexikon/philosophen/kristeva-julia/183, zuletzt abgerufen am 06.12.2023.


[1] Miller, George: Three Thousand Years of Longing [Film]. Australien, United States: Metro-Goldwyn-Mayer, FilmNation Entertainment, Elevate Production Finance, Sunac Culture, Kennedy Miller Mitchell, 2002, 00:00:22-00:01:33. [2] Miller, 2022, 00:02:12-00:02:18. [3] Miller, 2022, 01:29:10-01:29:15. [4] Vgl. Schmitz, Bettina: Kristeva, Julia. In: Metzler Philosophen-Lexikon. Online unter: https://www.spektrum.de/lexikon/philosophen/kristeva-julia/183, zuletzt abgerufen am 06.12.2023. Julia Kristeva ist eine französische Philosophin, Psychoanalytikerin, Schriftstellerin und Literaturtheoretikerin. Sie wurde am 24. Juni 1941 in Sliven, Bulgarien, geboren. Sie hat einen bedeutenden Beitrag zur psychoanalytischen Theorie und zur Literaturkritik geleistet. Ein wichtiges Konzept, das Kristeva geprägt hat, ist die Idee der Intertextualität, die sich mit der Art und Weise befasst, wie Texte miteinander in Beziehung stehen und aufeinander verweisen. Ihr Buch Die Revolution der poetischen Sprache (1974) gilt als Schlüsselwerk in der Literaturtheorie.

[5] Kristeva, Julia: Wort, Dialog und Roman bei Bachtin. Übersetzt von Michel Korinman und Heiner Stück. In: Literaturwissenschaft und Linguistik. Ergebnisse und Perspektiven. Bd. II/2. Hg. von Jens Ihwe. Frankfurt am Main 1972, S. 345-375, hier S. 351 u. 348. [6] Michail Bachtin (auch Mikhail Bakhtin) war ein russischer Literaturwissenschaftler und Philosoph, der von 1895 bis 1975 lebte. Er ist bekannt für seine Arbeiten im Bereich der Literaturtheorie, Linguistik und Philosophie, insbesondere für folgende Konzepte: Dialogizität: Bachtin betonte die Bedeutung des Dialogs und der Interaktion zwischen verschiedenen Stimmen oder Sprechern in einem Text. Er argumentierte, dass Bedeutung und Sprache in einem ständigen Dialogprozess entstehen. Polyphonie: Dieses Konzept bezieht sich auf die Vielstimmigkeit oder die Existenz mehrerer gleichberechtigter Stimmen in einem literarischen Werk. Bachtin glaubte, dass keine Stimme die absolute Autorität über andere haben sollte. Chronotopos: Bachtin führte den Begriff Chronotopos ein, um die untrennbare Verbindung von Raum (topos) und Zeit (chronos) in literarischen Werken zu beschreiben. Vgl.: Britannica, T. Editors of Encyclopaedia. „Mikhail Bakhtin.“ Encyclopedia Britannica, November 13, 2023. https://www.britannica.com/biography/Mikhail-Bakhtin, zuletzt aufgerufen am 06.12.2023.

[7] Vgl. Lehmann, Jürgen: Dialogizität. In: RLW 1. Hg. von Klaus Weimar. Berlin/New York 2007, S. 356-357. [8] Berndt, Frauke/Tonger-Erk, Lily: Intertextualität. Eine Einführung. Berlin 2013 (Grundlagen der Germanistik 53), S. 34. [9] Kristeva: Wort, Dialog und Roman bei Bachtin, S. 346. [10] Berndt, Frauke/Tonger-Erk, Lily: Intertextualität, S. 36. [11] Ebd. [12] Lehmann, Jürgen: Dialogizität. In: RLW 1. Hg. von Klaus Weimar. Berlin/New York 2007, S. 356-357. [13] Ebd., S. 357. [14] Berndt/Tonger-Erk: Intertextualität, S. 33. [15] Miller, 2022, 01:32:40. [16] Scheiding, Oliver: Intertextualität. In: Gedächtniskonzepte der Literaturwissenschaft. Theoretische Grundlagen und Anwendungsperspektiven. Hrsg. von Astrid Erll und Ansgar Nünning. Berlin [u. a.] 2005 (Medien und kulturelle Erinnerung 2), S. 53-72, S. 58. [17] Rajewsky, Irina O.: Intermedialität. Tübingen/Basel 2002. [18] Lachmann, Renate: Gedächtnis und Literatur. Intertextualität in der russischen Moderne. Frankfurt am Main 1990. [19] Miller, 2022, 00:02:33-00:02:38. [20] Miller, 2022, 00:05:05-00:06:42. [21] Dumouchel, Nadja: Erzählen als Lebensbereicherung in Tim Burtons Film „Big Fish“, online unter: https://www.literaturtheorien.uni-wuppertal.de/fileadmin/literaturwissenschaft/literaturtheorien/dumouchel_bigfish.pdf, zuletzt aufgerufen am 07.12.2023.

[22] Finch, Cameron: „The Fall“: A Storytelling Masterpiece of Epic Proportions. In: Michigan Quarterly Review, online unter: https://sites.lsa.umich.edu/mqr/2017/12/the-fall-a-storytelling-masterpiece-of-epic-proportions/, zuletzt aufgerufen am 07.12.2023. [23] Miller, 2022, 0:31:42-0:31:48. [24] Vgl.: Fricke, Harald: Potenzierung. In: RLW 3. Hg. von Jan-Dirk Müller. Berlin/New York 2007, S. 144-147, hier S. 145: „Nach verschiedenartigen Vor- und Zwischenstufen unterscheidet er inzwischen drei Grundformen der Mise en abyme (Dällenbach 1997):die ,Einfache Spiegelung‘ (reflexion simple, vgl. (1): die Schachtel in der Schachtel, der Fernseher im Fernsehen, die Binnenerzählung in der Rahmenerzählung); die ,Unendliche Spiegelung‘ (reflexion a` l’infini; vgl. (1a), (1b): die Puppe in der Puppe in der Puppe …, Tiecks Theater auf dem Theater auf dem Theater …); die ,Ausweglose Spiegelung‘ (reflexionaporistique, vgl. (2): die einander zeichnenden Hände Eschers, die Romanfigur als Verfasser ebendieses Romans, die gegen ihre Darsteller rebellierenden Bühnenfiguren).“

[25] Die Bibel. 1 Kön 10.1, online unter: https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lesen/LU17/1KI.10/1.-K%C3%B6nige-10 zuletzt aufgerufen am 05.12.2023. [26] Miller, 2022, 0:21:16-0:21:44. [27] Pitman, Robert: Three Thousand Years Of Longing True Meaning Explained. In: Screen Rant, erschienen am 27. August 2022. Online unter: https://screenrant.com/three-thousand-years-of-longing-true-meaning-explained/ (zuletzt aufgerufen am 04.12.2023). [28] Miller, 2022, 0:59:37-0:59:40. [29] Miller, 2022, 1:14:59-1:16:32. [30] Miller, 2022, 1:17:47-1:18:27. [31] Miller, 2022, 1:16:41-1:17:40. [32] Miller, 2022, 1:14:25-1:14:33. [33] Das Gilgamesch-Epos. Übersetzt, kommentiert und herausgegeben von Wolfgang Röllig. Stuttgart 2019 (Reclams Universal-Bibliothek Nr. 18686), S. 7. [34] Ebd. [35] Neumann, Michael: Erzählen. Einige anthropologische Überlegungen. In: Erzählte Identitäten. Ein interdisziplinäres Symposium. Hg. von Michael Neumann. München 2000, S. 280-296, hier S. 280.

[36] Ebd. [37] Ebd., S. 284. [38] Ebd., S. 282. [39] Ebd., S. 285. [40] Ebd., S. 285. [41] Ebd., S. 286. Neumann zitiert hier den österreichisch-britischen Wissenschaftstheoretiker und Philosophen Karl Popper nach Daniel C. Dennett: Darwins gefährliches Erbe. Die Evolution und der Sinn des Lebens. Hamburg 1997, S. 522. [42] Meister, Jan Christoph: Erzählen: Eine anthropologische Universalie? In: Grundthemen der Literaturwissenschaft: Erzählen. Hg. von Martin Huber und Wolf Schmid. Berlin/Boston 2018, S. 88-112, hier S. 88. [43] Miller, 2022, 0:16:10-0:17:50. [44] Dommaschk, Ruth: Emanation. In: https://www.spektrum.de/lexikon/philosophie/emanation/542, zuletzt aufgerufen am 06.12.2023. [45] Miller, 2022, 0:29:10-0:29:47. [46] Hofer, Andreas: Neurodiversität und Narratologie in Threethousand Years of Longing. In: Medium, 27. Oktober 2022, online unter: https://andreashofer72.medium.com/the-neurodiverse-people-in-three-thousand-years-of-longing-2274dbfa889, zuletzt abgerufen am 25.11.2023. [47] Ebd. [48] Ebd. [49] https://neurorevolution.de/neurodiversitaet/, zuletzt abgerufen am 25.11.2023. [50] Miller, 2022, 1:06:12-1:06:42. [51] Das Gilgamesch-Epos, S.143. [52] Für genauere Informationen vgl. https://www.islam-wissen.com/publikationen/islamologische-enzyklopaedie/einfuehrung-in-die-iimaan-inhalte/die-dschinn-al-dschinn-%D8%A7%D9%84%D8%AC%D9%86/, zuletzt aufgerufen am 06.12.2023.

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