Zitiert: Umberto Eco – Der Name der Rose

Das folgende Zitat befindet sich fast am Ende des Buches und stammt aus dem Mund des Novizen von William Baskerville, Adsons von Melk, welcher die in Der Name der Rose enthaltene Geschichte aufgezeichnet hat und insofern als Erzählinstanz gilt. Einher geht mit diesem Zitat die Frage nach dem Erzählen an sich und dem Wiedergeben von Ereignissen aus dem individuellen Gedächtnis eines jeden, also der Frage danach, ob das überhaupt möglich ist und was genau rückblickend tatsächlich stimmt und was der eigene Verstand (aus welchem Grund auch immer) hinzugedichtet haben könnte.

„Je öfter ich in meiner Sammlung lese, desto klarer wird mir, daß sie ein Produkt des Zufalls ist und keine Botschaft enthält. Gleichwohl haben mich diese unvollständigen Seiten mein ganzes ferneres Leben begleitet, bis heute, und mich dünkt beinahe, als wäre, was ich hier geschrieben habe und was du nun liest, mein unbekannter Leser, nichts anderes als ein Flickwerk, ein großes Figurengedicht, ein immenses Akrostichon, das lediglich wiederholt, was jene Fragmente mir eingegeben, und ich weiß nicht einmal mehr, ob ich es war, der hier gesprochen hat, oder ob nicht vielmehr sie durch meinen Mund gesprochen haben. Doch welcher der beiden Glücks- oder Zufälle sich auch ereignet haben mag, je öfter ich mir die Geschichte vergegenwärtige, die dabei herausgekommen ist, desto weniger vermag ich zu erkennen, ob sie etwas enthält, das über die natürliche Abfolge der Ereignisse und die sie verbindenden Zeiten hinausweist.“

– Adson von Melk

Umberto Eco: Der Name der Rose. Aus dem Italienischen von Burkhart Kroeber. München 2004, S. 660.

 

Eine kleine Zusammenfassung:

Der Name der Rose ist ein Roman von Umberto Eco, der 1980 veröffentlicht wurde. Die Geschichte spielt im 14. Jahrhundert und handelt von den Abenteuern von William von Baskerville, einem ehemaligen Inquisitor und Benediktinermönch, der zusammen mit seinem Novizen Adson von Melk in eine abgelegene Benediktinerabtei in den italienischen Alpen reist. Die Abtei wird von einer Serie mysteriöser Morde erschüttert, und William von Baskerville wird vom Abt beauftragt, die Verbrechen aufzuklären.

Während ihrer Ermittlungen stoßen sie auf verschollene Schriften von Aristoteles, die begehrte geistige Schätze enthalten, und geraten in einen Strudel von religiösem Fanatismus, politischen Intrigen und gefährlichen Geheimnissen. Die Spannung in der Abtei steigt, als es zu weiteren Morden kommt, und ein dramatischer Showdown zwischen den Mönchen und William von Baskerville steht bevor. Schließlich wird die Abtei von einem verheerenden Feuer zerstört.

Umberto Eco, der Autor des Romans, war ein renommierter italienischer Schriftsteller, Literaturwissenschaftler und Semiotiker. Er wurde 1932 geboren und veröffentlichte neben Der Name der Rose auch weitere erfolgreiche Werke wie Das Foucaultsche Pendel und Die Insel des vorigen Tages. Eco zeichnete sich durch seine profunde Kenntnis der mittelalterlichen Geschichte und Philosophie aus, die er geschickt in seine Romane einfließen ließ.

Der Name der Rose wurde 1986 erfolgreich verfilmt und fand weltweit Anerkennung für seine komplexe Handlung und seine tiefgehenden philosophischen Überlegungen. Umberto Eco schuf ein Meisterwerk der Weltliteratur, das sich noch heute großer Beliebtheit erfreut. Seine Werke sind bekannt für ihre intellektuelle Tiefe, ihre historische Genauigkeit und ihre Fähigkeit, komplexe Ideen auf unterhaltsame Weise zu vermitteln. Umberto Eco verstarb im Jahr 2016, hinterließ jedoch ein beeindruckendes literarisches Erbe.


Weiterführende Fragen:

Mich persönlich interessieren die intertextuellen Schnittstellen zwischen den verschiedenen literarischen Werken und Diskursen, die Eco kunstvoll in seinem Roman anhand der Figuren diskutiert. Vor allem die Bedeutung des Lachens und des verschollenen Buches aus der Poetik des Aristoteles ist für mich von besonderem Interesse, weil sich auch andere Intertextualitätstheorien (etwa Renate Lachmann) damit auseinandersetzen. Ich selbst verarbeite dieses Thema in einem Figurenrätsel, in das ich auch Ecos Figur William von Baskerville mit einbeziehe.

Der Roman war sehr populär, nicht nur wegen der Verfilmung mit Sean Connery, auch in den Wissenschaften gab es viele komplexe Auseinandersetzungen mit dem Werk. Und das ist bemerkenswert, denn im Allgemeinen erhalten Literaturwissenschaftler oder Historiker für ihre Publikationen weder Geld noch Anerkennung, sondern höchstens Kritik in Form von Anmerkungen, was noch hätte verbessert werden können. Umberto Eco dagegen ist es gelungen, sich mit seinem Werk, das auch auf der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit einem, dem Roman zugrundeliegenden mittelalterlichen Quellentext, einen Namen außerhalb des akademischen Betriebs mit beachtlichem Nebeneinkommen zu machen.

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