Zuletzt bearbeitet am 14. April 2025
24. Dezember – Literarischer Adventskalender 2024
Hinter dem letzten Türchen Nummer 24 steckt das Kamasutra! HO HO HO – Merry Christmas Everyone! Heute also das Kamasutra, mit einem Augenzwinkern, denn welches Buch hätte ich heute (außer der Bibel) sonst nehmen können?! Denn das Kamasutra ist nicht nur eine Abhandlung über die Kunst der Liebe, es ist so viel mehr. Wer jetzt also nur die mit dem Titel verbundenen Stellungen verbindet, der wird hier belehrt. Übrigens auch hier eine kleine Anekdote. Ich wusste zunächst nämlich noch nicht, welches Buch ich für den 24. nehmen soll. Die Eingebung führte mich zum Weihnachtsklassiker Die Geister, die ich rief und dort wird eben dieses Buch zum Geschenk unter Liebenden. Genau darum geht es doch am Weihnachtsabend oder am 25. Dezember, der in einigen Ländern ja erst der tatsächliche Weihnachtsmorgen ist – es geht um das gegenseitige Beschenken. Was könnte da besser passen als das Kamasutra! Wer noch nichts Besseres vorhat, kann ja gleich mal googeln, welche Stellungen für ihn am besten passen würden oder was im Kamasutra alles über das Küssen gesagt wird.
Für dich ist das Kamasutra interessant, wenn …
🌋 du neue Wege suchst, Intimität mit deinem Partner/deiner Partnerin intensiver zu erleben und gleichzeitig deine emotionale Verbindung zu stärken.
🌋 du die Balance zwischen körperlichem Vergnügen und spiritueller Verbindung mit deinem Partner/deiner Partnerin entdecken möchtest.
🌋 du neugierig auf die gezielte Lenkung von Energien in deinem Körper bist und dabei deine eigenen Bedürfnisse und die deines Partners/deiner Partnerin besser verstehen lernst.
🌋 wenn du nach einer Quelle suchst, um deine Sexualität selbstbewusst und kreativ zu gestalten.
🌋 du deine Beziehung nicht nur körperlich, sondern auch emotional und spirituell bereichern möchtest.
🌋 du Sexualität als Kunstform kennenlernen möchtest, um mehr Genuss in den körperlichen und emotionalen Austausch zu bringen.
FAQ Zum Kamasutra – Kultur, Zeit und Historie
Was ist das Kamasutra?
Das Kamasutra ist ein altindischer Text, der sich mit den Aspekten von Liebe, Erotik und Partnerschaft beschäftigt. Es wurde nicht nur als „Sex-Handbuch“ verfasst, sondern enthält auch gesellschaftliche, philosophische und kulturelle Überlegungen zum Leben im alten Indien.
Wer hat das Kamasutra geschrieben?
Der Text wird traditionell dem Gelehrten Vatsyayana zugeschrieben, der vermutlich zwischen dem 3. und 5. Jahrhundert n. Chr. lebte. Vatsyayana selbst betonte, dass er kein neues Werk geschaffen habe, sondern Wissen früherer Gelehrter systematisierte.
In welcher Zeit entstand das Kamasutra?
Das Werk entstand in der klassischen Epoche des Hinduismus, vermutlich um das 4. Jahrhundert n. Chr., in einer Zeit kultureller Blüte, insbesondere unter der Gupta-Dynastie, die für ihre Förderung von Kunst, Wissenschaft und Literatur bekannt war.
Worum geht es im Kamasutra wirklich?
Das Kamasutra behandelt nicht nur sexuelle Praktiken, sondern:
- Die Rolle der Erotik in einem erfüllten Leben
- Sexualität ist nur ein Teilaspekt – und wird als Teil eines harmonischen, genussvollen Lebens dargestellt.
- Rollenbilder von Männern und Frauen
- Liebe und Beziehungen
- Partnersuche und Ehe
- Lebenskunst und gesellschaftliche Etikette
Ist das Kamasutra ein religiöses Buch?
Nein. Es ist kein religiöser Text, aber es ist tief im kulturellen und philosophischen Denken des Hinduismus verwurzelt. Es gehört zu den sogenannten Kāmashāstras, Schriften über das Kāmagenuss-Prinzip, eines der vier klassischen Lebensziele (Purusharthas) des Menschen:
- Moksha (Befreiung, spirituelles Ziel)
- Dharma (Pflicht, Moral)
- Artha (Wohlstand, Erfolg)
- Kāma (Liebe, Genuss)
Wie wurde das Kamasutra überliefert?
Lange Zeit wurde es mündlich tradiert, bevor es verschriftlicht wurde. Später verbreitete sich das Werk durch Manuskripte in Sanskrit. Im 19. Jahrhundert wurde es durch die englische Übersetzung von Sir Richard Burton im Westen bekannt – allerdings oft durch eine sexualisierte Brille.
Wie ist das Verhältnis zur heutigen Zeit?
Heute wird das Kamasutra oft reduziert auf eine Sammlung erotischer Stellungen. Diese Verkürzung ignoriert seinen philosophischen und kulturellen Kontext. Richtig verstanden, ist das Kamasutra ein kulturhistorisches Zeugnis für eine Gesellschaft, die Erotik, Genuss und Beziehung als legitime und gestaltbare Lebensbereiche ansah.
Welche Bedeutung hat das Kamasutra heute noch?
Es bietet einen faszinierenden Einblick in die Geschlechterrollen, Beziehungskonzepte und Werte des alten Indien. Für moderne Leser kann es:
- ein Verständnis für kulturelle Diversität in der Sexualethik fördern
- zur Auseinandersetzung mit Erotik und Intimität inspirieren
- alternative Sichtweisen auf Partnerschaft vermitteln
Ursprung und Bedeutung des Kamasutras
„Zwischen dem 1. und 4. Jahrhundert stellte der Brahmane Vatsyayana eine Reihe von Sanskrit-Schriften zum Thema Liebeskunst und sexuelle Techniken zusammen. Brahmanen waren Gelehrte aus der indischen Oberschicht, für die das Leben aus dharma, artha und kama bestand. Unter dharma verstanden sie das Erlangen von Tugendhaftigkeit, unter artha das Erlangen von Reichtum und unter kama das Erlangen von Liebe oder sinnlicher Lust. Vatsyayana wollte mit dem Kamasutra seine Standesgenossen in der Verwirklichung des dritten Lebensziels, dem Erlangen von kama, unterstützen. Ausgehend von der Annahme, dass der Geist umso mehr kama erlangt, je tiefer der Liebesakt wirkt, wollte er ihnen helfen, sinnliche Erfahrungen möglichst intensiv auszukosten. Vatsyayana gab praktische Ratschläge, die dieses Lebensziel in greifbare Nähe rückten. Er wusste zum Beispiel, dass die Orgasmusfähigkeit zunimmt, je mehr Schönheit die Sinne erfüllt. Immerhin gelten im Kamasutra ekstatische Orgasmen als eine Art Nirvana, als kleiner Himmel.
Das Wort Kamasutra erweckt vielleicht die Vorstellung hunderter ungewöhnlicher Liebesstellungen, aber Vatsyayana führte nur acht Grundstellungen an. Diese waren erstmals von einem seiner Vorläufer, von Babhravya, beschrieben worden, während weitere Abwandlungen dieser Positionen von Suvarnanabha, einem noch früheren Autor, stammten. […]
Das Buch richtete sich zwar ausschließlich an Männer, doch interessanterweise vernachlässigt das Kamasutra die Frauen nicht. Auf vielen Seiten wird detailliert beschreiben, wie der Liebhaber die Frau mit Küssen und Berührungen stimulieren kann oder wie die Frau selbst sexuell aktiv wird. […] In der westlichen Welt ist wurde das Kamasutra im 19. Jahrhundert durch die Vermittlung des Gelehrten Sir Richard Burton bekannt. Burton und sein Kollege Forster Fitzgerald Arbuthnot brachten das Manuskript nach England und übersetzten es. Im Druck erschien es 1883. Für die damalige Zeit war das ein äußerst gewagtes Unternehmen, das die prüde viktorianische Gesellschaft entschieden missbilligte. Um strafrechtlicher Verfolgung zu entgehen, gründete Burton die Kama Shastra Society, deren Mitglieder das Buch privat erwerben konnten.“
Aus: Hooper, Anne: Das neue Kamasutra. Das große Buch der Liebeskunst, Starnberg 2004, S. 6-7.
Weitere von Sir Richard Burton übersetzte erotische Abhandlungen
Ananga Ranga
1885 brachten Burton und seine Kollege Arbuthnot nach dem Kamasutra den Ananga Ranga heraus. Das bedeutet soviel wie körperloses Einssein und ist ein weiteres Handbuch zur körperlichen Liebe, das um circa 1172 entstand. Es ist also als eigenständiges Buch konzipiert worden, auch wenn es Ähnlichkeiten zum Kamasutra gibt. Der Unterschied liegt neben dem Entstehungsdatum in der Zielgruppe. Das Kamasutra richtet sich an alle Liebenden, der Ananga Ranga ist für Ehepartner gedacht, damit keine Langeweile aufkommt quasi, denn zum Erscheinen des Ananga Ranga galt außerehelicher Verkehr als Tabu.[1] Anne Hooper erwähnt, dass Heimkehrer der Kreuzzüge im Orient erotische Feinheiten gelernt hätten zu denen „Reinlichkeit und sexuelles Vorspiel“ zählten.[2] Bestimmt gibt es dazu entsprechende mittelalterliche Quellen, nach denen zu forschen sehr spannend wäre. Einstweilen bleibt mir aber auch nur die Lektüre von Übersetzungen.
Der Duftende Garten
Bei dem Namen des Titels, das ebenfalls von Sir Richard Burton übersetzt wurde, kommen bestimmte Bilder auf. Tatsächlich kann der Titel auch als Metapher für das weibliche Geschlecht, für Frauen an sich, für die Möglichkeiten von körperlicher Intimität und so weiter. Ursprünglich gilt der Scheich Nefzaui als Verfasser des Duftenden Gartens. Wie schon beim Kamasutra geht es um viel mehr als um eine einfache Anleitung für sexuelle Stellungen, nämlich um „die Sinnlichkeit von Speisen, luststeigernde Mittel und die Frage der sexuellen Attraktivität eines Menschen.“[3]
Zwar richtet sich das Werk in erster Linie an Männer, doch das Wohl der Frau wird im Auge behalten. Das Buch wurde erstmals 1850 in Algerien gefunden, einer von Männern dominierten Welt, von daher darf man das als aufgeklärt bezeichnen. „Der Scheich war der Auffassung, dass nur solche Männer mit Recht bei Frauen erfolgreich sein, die »darauf bedacht sind, sie zu befriedigen.«“[4] Man sollte überlege, das als Zitat in die Weltgeschichte eingehen zu lassen und in Bars auf Bierdeckel und Postkarten im Klo verteilen.
Und welche Stellungen gibt es so im Kamasutra?
Wer sich einen Überblick der verschiedenen Stellungen der drei Bücher verschaffen möchte, findet diese im Internet zum Beispiel auf der Seite Kamasutra-Stellungen.
Von Die weit geöffnete Stellung, der Krabben-Stellung, die Lotusähnliche Stellung, der Gefährtin des Indra, gespaltener Bambus, eingeschlagener Nagel, Elefanten-Stellung, Zange, Schaukel, Kreisel, der Kuh-Stellung bis zur schwebenden Vereinigung gibt es viel zu entdecken. Die Zitate trennen noch zwischen Mann und Frau – das also nicht Übel nehmen bitte – einfach gendern und variieren. Also falls das jemand liest, einfach die jeweiligen Begriffe verändern und sich trotzdem angesprochen fühlen.
Und was bringt die Beschäftigung mit den erotischen Handbüchern aus Indien?
Das Kamasutra inspiriert Paare zur Belebung ihrer Beziehung mit verschiedenen Mitteln. Dazu gehört unter anderem:
- Erforschen von Intimität: Es bietet Einblicke in die Vielfalt von körperlichem und emotionalem Zusammenspiel.
- Kommunikation stärken: Die Texte regen an zur offenen Aussprache über Wünsche, Bedürfnisse und Grenzen beim körperlichen Beisammensein.
- Beziehungsdynamik verstehen: Im Kamasutra und den anderen Handbüchern stehen Tipps, wie in Beziehungen Harmonie und Zufriedenheit erreicht werden kann.
- Lebensphilosophie entwickeln: Die Balance zwischen Vergnügen und anderen Lebensbereichen kann das Glück noch steigern.
Das Kamasutra ist ein zeitloser Begleiter für Menschen, die ihre Beziehungen bewusst gestalten und dabei sowohl Körper als auch Seele miteinbeziehen möchten. Das zeigt wieder einmal, dass Liebe und Intimität nicht nur spontane Gefühle sind, die auf sofortige Befriedigung abzielen, sondern auch erlernbare Künste sind, die zu einer langfristigen Verbundenheit führen können.
Welche Themenbereiche werden konkret im Kamasutra behandelt?
Das Kamasutra ist bekannt für seine Vielfalt an Techniken, die körperliche Intimität, emotionale Bindung und den Ausdruck von Liebe bereichern. Hier sind einige der wichtigsten Techniken und Konzepte, die im Werk beschrieben werden:
1. Stellungen und Positionen im Kamasutra
Das Kamasutra bietet eine Sammlung von körperlichen Positionen, die das Liebesspiel variieren und bereichern. Einige bekannte Stellungen sind:
- Der Lotus (Padmasana): Eine intime Umarmung, bei der beide Partner eng miteinander verbunden sind, um Nähe und Verbundenheit zu fördern.
- Der umgekehrte Reiter/die umgekehrte Umarmung: Eine Position, die der Partnerin Kontrolle über Rhythmus und Intensität ermöglicht.
2. Die Kunst der Berührung
- Sanfte Berührungen: Das Streicheln und Massieren spezifischer Körperbereiche, um sinnliche Empfindungen zu steigern.
- Kratzen und Kneifen: In Maßen eingesetzt, um Leidenschaft zu symbolisieren und das Erlebnis zu intensivieren.
- Küssen: Verschiedene Arten von Küssen werden beschrieben, von zärtlich bis leidenschaftlich, einschließlich Variationen wie Bissküsse.
3. Verführung und Vorspiel
- Kleidung und Duft: Die Wahl von anziehender Kleidung und angenehmen Düften stimuliert die Sinne.
- Blickkontakt: Das Spiel mit intensiven und scheuen Blicken baut Spannung auf und macht Lust.
- Gespräch und Humor: Worte und Lachen als Mittel zum Herstellen von Vertrauen und Nähe.
4. Rhythmus und Bewegungen
Das Kamasutra lehrt, wie Partner die Intensität und den Rhythmus ihrer Bewegungen variieren und zur gegenseitigen Freude maximieren können. Es gibt sogar eine Anleitung, wie der Mann den Penis wie eine Art Vibrator benutzen kann. Beschrieben werden diese „Stufen“ unter anderem als Stierstoß, Eberbiss, Spatzenjagd, Durchbohren, Rühren.[7]
5. Emotionale und spirituelle Verbindung
Das Kamasutra hebt hervor, dass körperliche Intimität nicht ohne emotionale Bindung auskommt:
- Atemtechniken: Gemeinsames Atmen zur Harmonisierung und Verbindung.
- Augenkontakt: Ein Blickaustausch, der Nähe und Verständnis schafft.
6. Rollenspiele und Fantasie
Das Werk ermutigt dazu, Fantasien zu erkunden und mit verschiedenen Rollen zu experimentieren, um Spannung und Neugier in der Beziehung zu erhalten.
7. Die Kunst des Rückzugs
Ein weniger bekannter, aber wichtiger Teil des Kamasutras ist die Selbstbeherrschung. Durch Beherrschen der Leidenschaft wird ein intensiveres Erleben möglich, was die Ekstase steigern und mehr Verbindung schaffen kann.
Das Kamasutra ist kein dogmatisches Regelwerk – es ist eine Einladung zum Ausleben einer kreativen Intimität sowie einem respektvollen und bewussten Umgang nicht nur bei sexuellen Aktivitäten, sondern in der Beziehung im allgemeinen.
[1] Hooper, Anne: Das neue Kamasutra. Das große Buch der Liebeskunst, Starnberg 2004, S. 7. [2] Ebd. [3] Ebd., S. 8. [4] Ebd. [5] Ebd., S. 59. [6] Ebd., S. 59. [7] Ebd., S. 33.