Tür 18 –  Till Eulenspiegel

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Hinter Tür 11 steckt ein Schelm - Till Eulenspiegel.

Zuletzt bearbeitet am 13. Mai 2025

18. Dezember – Literarischer Adventskalender 2024

Hinter Türchen 18 steckt ein bekannter Tunichtgut – es ist Till Eulenspiegel: Till Eulenspiegel ist eine der bekanntesten literarischen Gestalten des deutschen Mittelalters. Die Geschichten um den schalkhaften Narren wurden von verschiedenen Autoren über die Jahrhunderte hinweg weitergegeben. Die bekannteste Ausgabe stammt von Hermann Bote aus dem 16. Jahrhundert.

Till Eulenspiegel: Handlung, Themen und Bedeutung

Till Eulenspiegel zeichnet sich durch eine Reihe von humorvollen, scharfsinnigen und oft satirischen Erzählungen aus, die ihn als eine Figur des Widerstands gegen Autoritäten und soziale Normen darstellen. Denn er ist nicht nur ein harmloser Spaßmacher, sondern ein exzellenter Beobachter. Durch seinen Humor und seine Streiche setzt er den Menschen einen Spiegel vor und stellt sie unter anderem vor die Frage, warum sie die Autoritäten und Normen akzeptieren und befolgen. Till Eulenspiegel ist gutes Beispiel für die Macht des Humors und der Satire als Mittel des Widerstands. Eben dies macht die Geschichten von Till Eulenspiegel zeitlos und universell – damit sind sie auch bestens für kurze Lektüren zwischendurch geeignet.

Till Eulenspiegel ist eine interessante Weihnachtslektüre, weil …

👉 die Mischung aus Wortspielen, Ironie und situativen Komik macht die Geschichten unterhaltsam, weil in den Humor und Tiefsinn verbunden werden.
👉 Eulenspiegel Autoritäten, gesellschaftliche Konventionen und die menschliche Dummheit infrage stellt, denn seine Streiche entlarven oft die Arroganz und Heuchelei der Mächtigen.
👉 er zeigt, wie man sich durch List und Humor gegen Ungerechtigkeiten oder soziale Hierarchien wehren kann.
👉 sein Schelmen-Dasein zum Lachen anregt, was in der oft hektischen Weihnachtszeit eine willkommene Abwechslung ist.
👉 in den Geschichten sind Redewendungen oder Sprichwörter verborgen, wobei es spannend sein kann, diese zu entdecken.

Till Eulenspiegel und das verschriftlichte Sprichwort »Wer Brot hat, dem gibt man Brot«

Die 18. Historie sagt, wie Eulenspiegel Brot kaufte nach dem Sprichwort: »Wer Brot hat, dem gibt man Brot«.

Treue gibt Brot. Als Eulenspiegel den Doktor betrogen hatte, kam er danach gen Halberstadt. Er ging auf dem Markt umher und sah, daß es ein harter und kalter Winter war. Da dachte er: der Winter ist hart, und der Wind weht dazu scharf; du hast doch oft gehört: Wer Brot hat, dem gibt man Brot. Und er kaufte für zwei Schillinge Brot, nahm einen Tisch und stellte sich vor dem Dom von Sankt Stephan auf. Er hielt sein Brot feil und trieb solange Gauklerei, bis ein Hund kam, ein Brot vom Tisch nahm und damit den Domhof hinauflief. Eulenspiegel lief dem Hund nach. Unterdessen kam eine Sau mit zehn jungen Ferkeln und stieß den Tisch um; ein jegliches Tier nahm ein Brot ins Maul und lief damit hinweg.
Da fing Eulenspiegel an zu lachen und sagte: »Nun sehe ich klar, daß die Worte falsch sind, wenn man spricht: wer Brot hat, dem gibt man Brot. Ich hatte Brot, und das wurde mir genommen.« Und er sprach weiter: »O Halberstadt, Halberstadt, du führst deinen Namen mit Recht. Dein Bier und deine Kost schmecken wohl, aber deine Geldbeutel sind von Sauleder gemacht.« Und er zog wieder gen Braunschweig.

Die Geschichte ist auch online zu finden: https://www.projekt-gutenberg.org/bote/eulenspg/eulen18.html

Till Eulenspiegel und die verschriftlichte Redewendung »Die Katze im Sack kaufen«

Die 53. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Leipzig den Kürschnern eine lebende Katze in ein Hasenfell nähte und sie in einem Sack als lebendigen Hasen verkaufte.

Eulenspiegel konnte sich schnell einen guten Streich ausdenken, was er den Kürschnern in Leipzig am Fastnachtsabend bewies, als sie zusammen ihr Zechgelage abhielten. Diesmal hätten sie gern Wildbret dazu gehabt. Das vernahm Eulenspiegel und dachte in seinem Sinn: der Kürschner in Berlin hat dir nichts für deine Arbeit gegeben; das sollen dir diese Kürschner bezahlen. Also ging er in seine Herberge. Dort hatte sein Wirt eine schöne, fette Katze. Diese nahm Eulenspiegel unter seinen Rock und bat den Koch um ein Hasenfell, er wolle damit einen hübschen Schelmenstreich ausführen.
Der Koch gab ihm ein Hasenfell, darin nähte Eulenspiegel die Katze ein. Dann zog er Bauernkleider an, stellte sich vor das Rathaus und hielt sein Wildbret so lange unter der Joppe verborgen, bis einer der Kürschner daherkam. Den fragte Eulenspiegel, ob er nicht einen guten Hasen kaufen wolle und ließ ihn den Hasen unter der Joppe sehen. Da einigten sie sich, daß er ihm vier Silbergroschen für den Hasen gab und sechs Pfennige für den alten Sack, in dem der Hase steckte. Den trug der Kürschner in seines Zunftmeisters Haus, wo sie beieinander waren mit großem Lärmen und viel Fröhlichkeit, und sagte, daß er den schönsten lebendigen Hasen gekauft habe, den er seit Jahren gesehen habe. Alle betasteten ihn der Reihe nach.
Da sie nun den Hasen erst zur Fastnacht haben wollten, ließen sie ihn in einem eingezäunten Grasgarten umherlaufen, holten Jagdhunde und wollten Kurzweil bei der Hasenjagd haben.
Als nun die Kürschner zusammenkamen, ließen sie den Hasen los und die Hunde dem Hasen nachlaufen. Da der Hase nicht schnell laufen konnte, sprang er auf einen Baum, rief: »Miau!« und wäre gern wieder zu Hause gewesen. Als das die Kürschner vernahmen, riefen sie ungestüm: »Kommt, kommt! Lauft schnell, ihr lieben, guten Zunftgenossen! Der uns mit der Katze geäfft hat: schlagt ihn tot!«
Dabei blieb es aber. Denn Eulenspiegel hatte seine Kleider ausgezogen und sich so verändert, daß sie ihn nicht erkannten.

Auch hier online zum Lesern verfügbar

Überhaupt kann man Tills Abenteuer online direkt nachlesen

Was ist an den Geschichten von Till Eulenspiegel so gut?

Die Geschichte von Till Eulenspiegel ist spannend, unterhaltsam und bei eingehender Betrachtung komplex, da sie gesellschaftliche Themen wie soziale Ungerechtigkeit, die Korruption der Mächtigen und die Heuchelei der Institutionen humorvoll darstellt. Eulenspiegel wird dabei nicht nur als einfacher Narr und Spaßmacher inszeniert, sondern als eine vielschichtige und ambivalente Figur, die durch ihre Streiche die Gesellschaft zum Nachdenken anregen soll. Der Verschmelzung von Humor und Kritik kommt bei der Reflexion eine besondere Rolle zu und es ist auch gerade der Humor, der die Geschichten so interessant macht – er ist nämlich äußerst vielschichtig. Oft steckt in den Streichen eine intelligente, kritische Reflexion über die gesellschaftlichen Verhältnisse und die Willkür der Macht. Humor und Spott als Form des Widerstands? Auf jeden Fall!

📚 FAQ zu Till Eulenspiegel

Wer war Till Eulenspiegel?

Till Eulenspiegel ist eine legendäre Schelmenfigur aus dem 14. Jahrhundert, die vor allem durch eine anonyme niederdeutsche Schwanksammlung von 1515 bekannt wurde. Er gilt als Volksheld und Narr, der mit Witz und Spott die Schwächen und Absurditäten der Gesellschaft aufdeckt. Ob es ihn wirklich gegeben hat, ist historisch umstritten.

Was sind die wichtigsten Merkmale der Figur?

Eulenspiegel ist ein Trickster – ein Schelm, der Regeln bricht, Autoritäten lächerlich macht und sprachliche Mehrdeutigkeiten ausnutzt. Er ist schlau, frech, aber nicht unbedingt moralisch. Er stellt die Welt auf den Kopf und offenbart dabei gesellschaftliche Missstände, etwa Heuchelei, Dummheit, Habgier oder Standesdünkel.

Was ist das zentrale Prinzip seiner Streiche?

Seine Streiche beruhen meist auf wortwörtlicher Auslegung von Redewendungen und Befehlen. Wenn ihm jemand z. B. sagt, er solle „die Leute am Markt bedienen“, dann kann es sein, dass er sie mit einem Tablett schlägt – weil er das „Bedienen“ körperlich versteht. Diese Missverständnisse erzeugen Komik, zeigen aber auch die Schwächen von Sprache und Autorität.

Welche gesellschaftliche Funktion erfüllt Till Eulenspiegel?

Er erfüllt die Rolle des Narren, der als Außenseiter Wahrheiten sagen darf, die andere sich nicht trauen. Durch seine Späße wird Kritik an Obrigkeiten, der Kirche, Ärzten, Kaufleuten oder der Wissenschaft geübt. So wird Eulenspiegel zu einer Art „Spiegel“ der Gesellschaft – daher auch sein Name.

Was bedeutet der Name „Eulenspiegel“?

Der Name setzt sich zusammen aus „Eule“ und „Spiegel“, zwei Symbole, die auch auf seinem Wappen erscheinen. Die Eule steht traditionell für Weisheit, aber auch für nächtliche Heimlichkeit. Der Spiegel symbolisiert das Zurückwerfen des Bildes – also die gesellschaftskritische Funktion: Eulenspiegel hält den Menschen den Spiegel vor.

Wann und wo ist Till Eulenspiegel angeblich geboren und gestorben?

Laut der Schwanksammlung wurde Eulenspiegel um 1300 in Kneitlingen (heute Niedersachsen) geboren und starb um 1350 in Mölln (Schleswig-Holstein). In Mölln gibt es ein Till-Eulenspiegel-Museum und einen Gedenkstein – die Stadt hat die Figur stark in ihre Identität integriert.

Welche literarische Form hat das Eulenspiegel-Buch von 1515?

Das Werk besteht aus 96 Schwänken (kurzen Episoden), die lose chronologisch Eulenspiegels Lebensweg nachzeichnen. Es ist kein Roman im heutigen Sinn, sondern eine episodische Sammlung von Streichen, die oft einen komischen, aber auch gesellschaftskritischen Charakter haben. Die Sprache ist oft derb und volkstümlich.

Welche Bedeutung hat das Werk für die Literaturgeschichte?

„Till Eulenspiegel“ ist eines der bedeutendsten Werke der frühneuhochdeutschen Literatur und ein Klassiker des deutschsprachigen Schelmenromans. Es ist eine der frühesten fiktionalen Figuren der deutschen Literatur mit literarischem Wiedererkennungswert. Es beeinflusste spätere Autoren wie Grimmelshausen oder Jean Paul.

Warum ist Till Eulenspiegel bis heute beliebt?

Weil er die Lust am Ungehorsam, an Wortwitz und an sozialem Ausgleich bedient. Er steht für eine Figur, die sich nichts gefallen lässt, den Starken Paroli bietet und die Verhältnisse infrage stellt – eine Art Populärfigur, die immer wieder neu interpretiert werden kann: als Held, Narr, Anarchist oder Satiriker.

In welchen Medien lebt die Figur heute weiter?

Eulenspiegel taucht immer wieder in Kinderbüchern, Theaterstücken, Hörspielen, Comics, Opern (z. B. von Richard Strauss) oder Fernsehsendungen auf. Auch politische Satireformate greifen seinen Namen auf, etwa die DDR-Zeitschrift Eulenspiegel. Die Figur hat sich als kulturhistorisches Symbol erhalten.

Gibt es internationale Entsprechungen zu Eulenspiegel?

Ja, ähnliche Figuren gibt es in vielen Kulturen: z. B. Nasreddin Hodscha im türkisch-arabischen Raum, der französische „Gargantua“ bei Rabelais oder der italienische Pulcinella. All diese Figuren verkörpern den Volkswitz und die Umkehrung gesellschaftlicher Normen durch Ironie und Täuschung.

Welche Zielgruppe hatte das Eulenspiegel-Buch ursprünglich?

Ursprünglich war das Werk für ein erwachsenes Publikum gedacht, besonders für das aufkommende städtische Bürgertum. Erst später wurde Eulenspiegel durch Bearbeitungen und kindgerechte Adaptionen zu einer bekannten Kinderbuchfigur gemacht – allerdings meist stark entschärft.

Worum geht es?

Dieser Blog dient dem Interpretieren von Literatur, Filmen und Kunst, individuellen Erfahrungen und der Realität. Die Analysen und Interpretationen erfolgen als Gedankenexperimente im Rahmen einer Beschäftigung mit dem Erzählen, literarischen Figuren, historischen Personen sowie realen Menschen unter Anwendung literaturwissenschaftlicher Theorien und Methoden.

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