Alice im Wunderland von Lewis Carroll – Alles ist möglich

Der Literarische Adventskalender - hinter Tür 2 verbirgt sich Lewis Carrolls Alice im Wunderland und Alice hinter den Spiegeln.

2. Dezember: Literarischer Adventskalender 2024

Alice im Wunderland und Alice hinter der Spiegel von Lewis Carroll gehören zu den literarischen Klassikern der Kinder- und Weltliteratur.

Alice im Wunderland von Lewis Carroll – dieser Klassiker steckt hinter Tür Nummer 2. Mit seinen vielen Weisheiten, die durch die Figuren aufgerufen werden, sie die Alice-Bücher aktuell wie nie. Der folgende Dialog zum Beispiel stammt aus dem zweiten Buch Alice hinter den Spiegeln. Alice spricht mit der Weißen Königin.  Die Weiße Königin vertritt die Idee, dass Vorstellungskraft und der Glaube an das Unmögliche eine besondere Stärke sind. Diese Szene spielt auf die Flexibilität des Denkens und die Macht der Fantasie an. Es ist auch ein Hinweis darauf, dass in Alice in Wonderland die Logik der Realität hinterfragt werden kann und soll.

»Das kann ich nicht glauben«, sagte Alice.
»Nicht?«, sagte die Königin mitleidig. »Versuch’s noch mal: Atme tief ein und schließ deine Augen.“
Alice lachte. »Das hat gar keinen Zweck«, sagte sie. »Unmögliche Dinge kann man nicht glauben. «
»Ich würde eher sagen, dass es dir an Übung mangelt«, sagte die Königin. »Als ich in deinem Alter war, habe ich eine halbe Stunde pro Tag geübt. Manchmal habe ich schon vor dem Frühstück bis zu sechs unmögliche Dinge geglaubt.«
Carroll, Lewis: Alice im Wunderland und Alice hinter den Spiegeln. Aus dem Englischen von Angelika Beck und Jan Strümpel. Vollständige Ausgabe mit sämtlichen Illustrationen von John Tenniel. München 2023, S. 235.

Tatsächlich sind sehr viele der in Alice im Wunderland und Alice hinter den Spiegeln auf das reale Leben übertragbar, enthalten psychologische und philosophische Weisheiten und sind sehr inspirierend. Darum folgen weitere dieser wunderbaren Zitate, doch zuvor noch ein paar Einführungsinfos.

3 Fragen für Lewis Carrolls Alice im Wunderland

1. Warum ist Alice im Wunderland lesenswert?

Alice im Wunderland und den Nachfolger Alice hinter den Spiegeln sind lesenswert, weil sie eine einzigartige Mischung aus Fantasie, Humor und tiefgründigen philosophischen Fragen bieten. Sie regen zum Nachdenken über Identität, Logik und Gesellschaft an und sind gleichzeitig unterhaltsam und voller Wortspiele. Die Bücher um Alice, die Grinsekatze, das weiße Kaninchen und die vielen anderen skurillen Figuren gehören zu den Klassikern der Weltliteratur, die sowohl Kinder als auch Erwachsene faszinieren.

2. Was macht Alice im Wunderland so einzigartig?

Alice im Wunderland ist einzigartig aufgrund der beschriebenen surrealen Welt, in der Logik und Realität auf den Kopf gestellt werden. Es kombiniert fantasievolle Abenteuer mit interessanten philosophischen Fragen, Symboliken und Wortspielen. Gerade weil die Geschichte mehrere Verständnisebenen besitzt, ist das Werk sowohl Kinder als auch Erwachsene geeignet. Traditionelle Erzählstrukturen werden aufgebrochen, die Figuren sind unberechenbar und doch liebenswert und vor allem das Spiel mit Sprache ist bemerkenswert originell.

3. Was ist ein interessanter Fun Fact zu Alice im Wunderland

Ein interessanter Fun Fact zu den Alice-Büchern ist, dass der berühmte Hutmacher aus der Teegesellschaft tatsächlich nie als Mad Hatter, also Verrückter Hutmacher, bezeichnet wird. In Alice im Wunderland wird er lediglich als Hatter (Hutmacher) eingeführt. Der Begriff „verrückter Hutmacher“ stammt aus der englischen Redewendung „mad as a hatter“, die auf die neurotoxischen Auswirkungen von Quecksilber zurückgeht. Quecksilber wurde im 18. und 19. Jahrhundert häufig in der Hutherstellung verwendet, und der Kontakt damit führte bei Arbeitern oft zu neurologischen Störungen, die als Hutmacherkrankheit bekannt waren. Lewis Carroll hat diesen Ausdruck aber nicht wörtlich übernommen, sondern den Hutmacher als exzentrische, aber charmante Figur dargestellt. Als verrückt wird die Figur nur aufgrund von subjektiven Interpretationen bezeichnet – es handelt sich dabei also um eine spätere Adaption in der Popkultur.

Worum geht es in Alice im Wunderland und Alice hinter den Spiegeln?

Alice im Wunderland ist ein bekanntes Kinderbuch von Lewis Carroll. Was viele sicher nicht wissen – es stammt bereits aus dem Jahre 1865, der Nachfolger Alice hinter den Spiegeln ist von 1871. Im ersten Teil folgt Alice dem weißen Kaninchen in seinen Bau und landet im Wunderland mit seinen unlogischen Gesetzen und fantastischen Bewohnern. Grinsekatze, Hutmacher, Herzkönigin, Raupe, Humpty Dumpty, weißes Kaninchen – es gibt viele Figuren, die allgemein bekannt sind. Das weiße Kaninchen beispielsweise ist auch als Symbol für die Reise ins Unbekannte im Sci-Fi-Film Matrix präsent. Während ihres Aufenthalts im Wunderland wird Alice mit den dort herrschenden absurden Situationen und Regeln konfrontiert, die ihre Logik und ihren Wissenshorizont herausfordern. Im Nachfolger Alice hinter den Spiegeln betritt Alice durch einen Spiegel eine wie ein riesiges Schachbrett organisierte Welt. Sie beginnt ihre Reise (angelehnt an das richtige Schach) als Bauer und arbeitet sich voran. Sie trifft sie Figuren wie Tweedledee und Tweedledum, Humpty Dumpty und die Weiße Königin. Die Welt ist geprägt von Wortspielen, Paradoxa und poetischen Rätseln. Am Ende erreicht Alice die achte Reihe des Schachbretts und wird zur Königin, bevor sie erneut in die Realität zurückkehrt.

Zum Autor von Alice im Wunderland Lewis Carroll

Lewis Carroll war das Pseudonym von Charles Lutwidge Dodgson (1832–1898), einem englischen Schriftsteller, Mathematiker und Fotografen, der auch als Dozent für Mathematik an der Universität Oxford tätig war. Seine Liebe zu Logik, Wortspielen und mathematischen Rätseln spiegelt sich in den Alice-Werken wider und durchzieht sie wie ein roter Faden. Carroll schrieb die Alice-Geschichten im viktorianischen England, einer Zeit, die von strengen gesellschaftlichen Normen, der Industrialisierung und einem wachsenden Interesse an Wissenschaft und Technologie geprägt war. DAbei herrschten im voktorianischen England zugleich rigide Kindererziehungsmethoden. Alice im Wunderland und Alice hinter den Spiegeln gelten als Kritik an den damaligen starren Regeln und Konventionen – sie sind allerdings verpackt in eine fantasievolle und humorvolle Erzählung. Die Geschichten hatte Carroll ursprünglich für Alice Liddell verfasst, die Tochter eines befreundeten Dekans. Carroll erzählte sie zunächst mündlich, bevor er sie niederschrieb. Sie gelten heute als Klassiker der Kinder- und Weltliteratur.

Verschiedene Zitate mit möglicher Erläuterung aus Alice im Wunderland

Zitat 2:  Alice und die Grinsekatze über Wege

»Würdest du mir bitte sagen, welchen Weg ich von hier aus nehmen soll?«
»Das hängt ganz davon ab, wohin du möchtest«, erwiderte die Katze
»Es ist mir eigentlich egal, wohin … «, sagte Alice.
»Dann kommt es auch nicht darauf an, welchen Weg du nimmst«, sagte die Katze.
»… solange ich nur irgendwohin komme«, sagte Alice als Erklärung.
»Oh, das wirst du ganz bestimmt«, sagte die Katze, »wenn du nur lange genug gehst.«
Carroll, Lewis: Alice im Wunderland und Alice hinter den Spiegeln. Aus dem Englischen von Angelika Beck und Jan Strümpel. Vollständige Ausgabe mit sämtlichen Illustrationen von John Tenniel. München 2023, S. 80.

Wie so viele der Zitate in Alice im Wunderland ist auch dieses Gespräch mit der Grinsekatze auf vielerlei Art und Weise deutbar und subjektiv. So kann der Dialog auf Orientierungslosigkeit nicht nur im Falle von Alice, sondern im Leben allgemein hindeuten. Ohne Ziel gibt es keinen richtigen oder falschen Weg. Dann lassen wir uns treiben und kommen zwar irgendwo an, doch ohne klare Vorstellungen ist es fraglich, ob man glücklich wird. Darüber hinaus verweist das Zitat auf die Bedeutung von Entscheidungen, die ja oft von Zielen geleitet sind. Ohne Ziel sind Entscheidungen bedeutungslos. Wie auch Alice können wir alle unsere Wünsche und Prioritäten bezüglich unseres Handelns hinterfragen. Das Zitat lädt zum Innehalten ein und stellt die Frage: Wohin möchte ich wirklich, und wie finde ich meinen Weg dorthin?

Zitat 3: Alice und die Grinsekatze über Wege

Eine weitere interessante Passage aus Alice im Wunderland mit tiefgründigem psychologischem und philosophischem Gehalt ist ein anderer Dialog zwischen Alice und der Grinsekatze. Es geht um Realität und Identität:

»Aber ich mag nicht unter verrückte Leute gehen,« bemerkte Alice.
»Oh, dagegen kannst du nichts machen,« sagte die Katze; „wir sind hier alle verrückt. Ich bin verrückt. Du bist verrückt. «
»Woher weißt du, dass ich verrückt bin?« fragte Alice.
»Du musst es sein«, sagte die Katze, »sonst wärst du nicht hierhergekommen.«
Carroll, Lewis: Alice im Wunderland und Alice hinter den Spiegeln. Aus dem Englischen von Angelika Beck und Jan Strümpel. Vollständige Ausgabe mit sämtlichen Illustrationen von John Tenniel. München 2023, S. 80-81.

Man kann aus dem Dialog heraus einige Schlussfolgerungen ziehen. Zum Beispiel geht es um die Wahrnehmung von Normalität und Verrücktheit im Angesicht sozialer Normen sowie der eigenen subjektiven Wahrnehmung davon, was als normal zu gelten hat. Das ist ein immer noch aktuelles Thema, eigentlich ein zeitloses Thema. Des Weiteren bietet der Dialog Raum zu Reflektionen darüber, wie die eigene Wahrnehmung die Realität beeinflusst.

Zitat 4 Alice im Wunderland: Alice und die Raupe über Identität und Veränderung

Alice‘ Begegnung mit der Raupe ist ebenfalls eine sehr interessante Passage. Man beachte, dass die Raupe an sich ein Tier und damit auch ein Symbol für die noch nicht sichtbare Transformation ist.

»Wer bist denn du?« fragte die Raupe.
Das war kein sehr ermutigender Gesprächsanfang. Alice erwiderte ziemlich schüchtern:
»Ich – ich bin mir nicht sicher, mein Herr, jedenfalls im Moment nicht – immerhin weiß ich, wer ich heute morgen war, als ich aufstand; aber seitdem muss ich wohl mehrmals vertauscht worden sein.«
»Fragte die Raupe streng. »Erkläre dich!«
»Ich fürchte, ich kann mich nicht erklären, mein Herr, sagte Alice, »weil ich nicht ich bin, verstehen Sie?«
Carroll, Lewis: Alice im Wunderland und Alice hinter den Spiegeln. Aus dem Englischen von Angelika Beck und Jan Strümpel. Vollständige Ausgabe mit sämtlichen Illustrationen von John Tenniel. München 2023, S. 56-67.

Zitat 5: Alice und der Hutmacher über Zeit und Kontrolle

Im Gespräch mit dem Hutmacher reflektiert Alice über die Bedeutung der Zeit:

Alice seufzte müde. »Ich finde, ihr könntet die Zeit besser nutzen«, sagte sie, »als sie mit Rätseln zu verschwenden, die keine Lösung haben.«
»Wenn du über Zeit so gut Bescheid wüsstest wie ich«, sagte der Hutmacher, »würdest du nicht reden, dass sie verschwendet wird. Sie ist nämlich ein Er. «»Ich wieß nicht, was du meinst“, sagte Alice.
»Natürlich nicht! «, sagte der Hutmacher und war verächtlich den Kopf zurück. »Du hast ja bestimmt noch nicht mal mit ihm gesprochen!«
Carroll, Lewis: Alice im Wunderland und Alice hinter den Spiegeln. Aus dem Englischen von Angelika Beck und Jan Strümpel. Vollständige Ausgabe mit sämtlichen Illustrationen von John Tenniel. München 2023, S .88.

Diese Passage spielt mit der Idee, dass Zeit nicht nur ein linearer, unveränderlicher Fluss ist, sondern etwas Subjektives, das von der eigenen Wahrnehmung und Einstellung abhängt Der Hutmacher suggeriert, dass man durch eine veränderte Beziehung zur Zeit mehr Kontrolle über sie gewinnen kann. Dies ähnelt der Idee, dass Zeitmanagement und bewusste Planung bei der Stressreduzierung und der Work-Life-Balance helfen können. Zudem wird man dazu aufgefordert, Zeit als etwas Lebendiges zu sehen, etwas, mit dem man in einen Dialog treten und kommunizieren kann. Zeit ist eben relativ.

Zitat 6 Alice im Wunderland: Alice und die Weiße Königin über Unmöglichkeit und Glaube

» […] Und jetzt gebe ich dir etwas zum Glauben: Ich bin hunderteins Jahre, fünf Monate und einen Tag alt.«
»Das kann ich nicht glauben«, sagte Alice.
»Nicht?«, sagte die Königin mitleidig. »Versuch’s noch mal: Atme tief ein und schließ deine Augen.«
Alice lachte. »Das hat gar keinen Zweck«, sagte sie „Unmögliche Dinge kann man nicht glauben. «
»Ich würde eher sagen, dass es dir an Übung mangelt«, sagte die Königin. »Als ich in deinem Alter war, habe ich eine halbe Stunde pro Tag geübt. Manchmal habe ich schon vor dem Frühstück bis zu sechs unmögliche Dinge geglaubt. […]«
Carroll, Lewis: Alice im Wunderland und Alice hinter den Spiegeln. Aus dem Englischen von Angelika Beck und Jan Strümpel. Vollständige Ausgabe mit sämtlichen Illustrationen von John Tenniel. München 2023, S. 235.

Die Fähigkeit, unmögliche Dinge zu denken, steht in engem Zusammenhang mit Kreativität. Divergentes Denken – damit wird das Erkunden vieler Ideen und unkonventioneller Lösungswege bezeichnet – ist eine Schlüssekompetenz, die in vielen Lebensberechen Vorteile bieten kann. Unser Glaube daran, was möglich oder unmöglich ist, beeinflusst darüber hinaus unser Handeln, die Fähigkeit zur Resilienz und Motivation. Der Psychologe Albert Bandura beschreibt dies in seiner Theorie der Selbstwirksamkeit: Menschen, die an ihre Fähigkeit glauben, Herausforderungen zu meistern, erzielen oft bessere Ergebnisse – selbst bei scheinbar unmöglichen Aufgaben.

Die „unmögliche Dinge“-Passage ermutigt uns, kognitive Flexibilität und Vorstellungskraft zu entwickeln, um über unsere selbstgesetzten Grenzen hinauszugehen.

Zitat 7: Alice und Humpty Dumpty – die Bedeutung der Dinge

»Wenn ich ein Wort benutze«, sagte Humpty Dumpty nun ziemlich gereizt, »dann bedeutet es genau das, was ich will,– nicht mehr und nicht weniger.«
»Es ist nur die Frage«, sagte Alice, »ob Sie Wörter einfach so sehr Unterschiedliches bedeuten lassen können.«
»Es ist nur die Frage«, sagte Humpty Dumpty, »wer hier das Sagen hat – so sieht’s aus.«
Carroll, Lewis: Alice im Wunderland und Alice hinter den Spiegeln. Aus dem Englischen von Angelika Beck und Jan Strümpel. Vollständige Ausgabe mit sämtlichen Illustrationen von John Tenniel. München 2023, S. 251

Diese Passage wirft interessante Aspekt der linguistischen Macht und der Bedeutung von Wörtern auf. Wer bestimmt die Bedeutung von Wörtern? Sprecher, Zuhörer oder die Gesellschaft? Diese Diskussion ließe sich sprachphilosophisch mit Ludwig Wittgenstein beginnen, mit Ferdinand de Saussure fortsetzen und mit Jean-Jacques Foucault anschließen. Denn immerhin geht es auch um Machtstrukturen innerhalb der Kommunikation. Machtverhältnisse entscheiden über die Bedeutung von Worten, wobei es auch um Autorität und die Interpretation von Sprache geht. Und wie so oft bei Alice im Wunderland geht es auch um die subjektive Wahrnehmung und die Frage nach der Realität.

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